Der Journalist Wolfgang Stephan besuchte die Pressekonferenz von Hansi Flick am Freitag 18. März und berichtet für Sie darüber.
Wenn Hansi Flick vor die Kameras tritt, geht es immer um Fußball. „Einfach nur Fußball“, sagte der Bundestrainer mit Blick auf den Krieg in der Ukraine. In einem Mediengespräch zum Jahresauftakt der Nationalmannschaft überraschte Flick mit einigen Nominierungen und einer faustdicken Überraschung.
Der Fußball-Bundestrainer ortete gleich zu Beginn seiner Medienrunde den aktuellen Stellenwert seines Tuns ein. „Es schmerzt einfach, wenn man sich in die Situation der Menschen in der Ukraine reinversetzt. Da wird einem schnell klar, dass das, was wir machen, nur Fußball ist.“ Dennoch wolle er „allen Menschen in dieser schrecklichen Zeit mit den zwei Spielen Spaß und Freude vermitteln“, eine kleine Ablenkung für die Menschen bieten, die sich große Sorgen machen, sagte ein nachdenklich wirkender Bundestrainer, dem in diesem 47 Minuten-Gespräch zu keiner Zeit die übliche Freude im Gesicht stand. Hansi Flick wirkte ernst und fokussiert bei seinen Einblicken in die Seelenlage eines Nationaltrainers, der in acht Monaten um den WM-Titel in Katar spielen will.
Zuvor bestreitet die Nationalmannschaft im Juni gegen Italien, England und Ungarn die ersten Spiele der Nations League und am nächsten Sonnabend gegen Israel in Sinsheim und am Dienstag in Amsterdam gegen die Niederlande den Auftakt ins WM-Jahr. Die jetzt anstehenden zwei Freundschaftsspiele möchte Flick noch als Sichtungs-Test begreifen, die Spiele im Juni dann schon als Härtetests für die am 21. November beginnende WM in Katar. „Wir wollen Spieler sehen, die wir nicht so gut kennen, wenn wir das jetzt nicht tun, wann dann“, fragte er rhetorisch, bevor er mit zwei Namen im Kader überraschte: Vor allem mit Anton Stach, dem 23Jährigen Defensivspieler von Mainz 05, der erst im Sommer von Greuther Fürth an den Rhein gewechselt war und erst 21 Bundesligaspiele in der Bilanz hat. Bis 2020 spielte der in Buchholz/Nordheide geborene Stach noch in der Regionalliga Nord für den VfL Wolfsburg II. Flick: „Wir wollen sehen, was für ein Potential er uns anbietet.“
„Mir ist alles aus dem Gesicht gefallen“, schildert Anton Stach auf der Homepage seines Vereins seine Gefühlslage beim Anruf des Bundestrainers, der ihn im Auto erreichte. Danach sei er zweimal falsch abgebogen.
Wieder für Deutschland soll auch der 26jährige Julian Weigl kicken, der nach seinem Wechsel von Dortmund mittlerweile mit Benfica Lissabon im Viertelfinale der Champions League (gegen Liverpool) steht. Zuletzt war er 2017 unter Jogi Löw in der Nationalmannschaft (fünf Spiele) im Einsatz.
Dass Robin Koch von Leeds United und Benjamin Henrichs wieder nominiert wurden, ist den Abwehrsorgen des Bundestrainers geschuldet. Der Ausfall von Niklas Süle (Muskelfaserriss) schmerze sehr, sagt Flick. „Antonio Rüdiger und er sind in der Innenverteidigung das Maß aller Dinge.“ Henrichs habe zuletzt eine gute Entwicklung gemacht und Koch spiele Woche für Woche gegen die Besten der Besten in der Premier League. Konkret kündigte der Bundestrainer zudem an: „Nico Schlotterbeck wird auf jeden Fall sein erstes Länderspiel machen.“
Auch Julian Draxler ist wieder mit an Bord, obwohl er beim Pariser Spitzenklub PSG keine große Rolle spielt. Torhüter Bernd Leno konnte mit dererlei Nachsicht nicht rechnen. Flick: „Ich habe Bernd Leno die Situation in London vor Ort erklärt, er spielt aktuell bei Arsenal nicht, deshalb ist Kevin Trapp aufgrund seiner Leistungen zu Recht dabei.“ Trapp zeigte auch am Donnerstag beim spektakulären Einzug der Frankfurter Eintracht ins Viertelfinale der Europe League eine herausragende Leistung.
Interessant: Im Kader der 26 Nominierten findet sich kein Spieler vom Tabellenzweiten Borussia Dortmund. Flick: „Das hat nichts damit zu tun, dass wir denken, dass die Qualität in Dortmund nicht stimmt, sie sind weiter im Blickfeld.“ Das gelte besonders für Marco Reus, Emre Can und auch für Mats Hummels.
Seine Einschätzung zur Gesamtlage: „Es ist eine positive Entwicklung zu sehen, wir haben die Aufbruchsstimmung genutzt und positive Stimmung verbreitet.“ Seine bisherigen sieben Spiele als Cheftrainer seien von den Ergebnissen und der Leistung gut gewesen. Flick: „Wir wollen einen Mix aus Ausprobieren und Einspielen finden, die Fans sollen auch jetzt wieder sehen, dass wir aktiv sind und Spaß haben.“ Trotz des Krieges.