Heute können Sie auf Expat Aktuell wieder einen Gastbeitrag vom deutschen Journalisten Wolfgang Stephan lesen, der über den Rechtsruck bei den Wahlen in Italien berichtet.
Ein Rechtsbündnis kommt in Rom an die Macht. Aber Angst muss niemand in der EU haben. Geichwohl gilt es Konsequenzen zu ziehen.
Italien hat gewählt und das Ergebnis alarmiert Europa. Der von Giorgia Meloni und ihrer Partei Fratelli d’Italia angeführte Rechtsblock ist der klare Gewinner der Parlamentswahl vom letzten Sonntag. Es ist ein illustres Trio mit der erwarteten Regierungschefin Meloni, die neo-faschistische Wurzeln hat, mit der rechtspopulistischen Lega von Matteo Salvini und der Forza Italia des immer für Skandale geeigneten Silvio Berlusconi.
Was uns vor allem beunruhigen muss, sind die Ursachen dieses Rechtsrucks in Italien. Meloni punktete mit ihrer Parole „Gott, Familie, Vaterland“ und forderte eine Begrenzung der Einwanderung, hetzte gegen Migranten, versprach Entlastungen für die Armen und schimpfte auf die EU, als Wurzel allen Übels der Welt. So etwas kommt gut an in einem Land, das von den aktuellen Krisen mehr gebeutelt ist als Spanien, Deutschland oder Frankreich.
Nach den Zahlen aus Italien wird jede dritte italienische Familie in den nächsten Monaten nicht in der Lage sein, die Strom- und Gasrechnungen zu begleichen. Diese Angst vor der Zukunft hat die jetzige Parlamentswahl bestimmt.
Angst ist das Potential der Rechtspopulisten. In Deutschland wird die AfD noch einigermaßen in Schach gehalten, die Front National konnte zuletzt in Frankreich leicht zulegen, die rechtspopulistischen Schwedendemokraten sind zweitstärkste Kraft im Norden und in Spanien hofft die Vox auf die Parlamentswahlen im nächsten Jahr.
Der Wahlausgang in Italien ist ein Warnsignal für die EU, die endlich eine gemeinsame Migrationspolitik mit klaren Regeln für eine gerechte Verteilung der Flüchtlinge schaffen muss. Gleichzeitig gilt es die Folgen der Energiekrise für die Armen so abzumildern, dass sie keine Wut auf ihre Regierungen entwickeln.
Freilich – Angst vor der neuen Regierung in Rom muss in der EU niemand haben. Giorgia Meloni will die Demokratie nicht abschaffen, sie steht zur Ukraine, was innerhalb ihres Rechtsbündnisses die Zusammenarbeit mit Salvini und Berlusconi nicht einfach machen wird. Außerdem braucht Italien die zugesagten 200 Milliarden aus dem Aufbaufonds der EU. Die neue Regierung wird nicht riskieren, diese Gelder zu gefährden.
Und: Dass in den vergangenen Jahrzehnten die Regierungen in Italien nach durchschnittlich 20 Monaten am Ende waren, ist nicht nur statistisch ein interessanter Wert!