Heute können Sie hier wieder einen Gastbeitrag des deutschen Journalisten Wolfgang Stephan lesen, der sich darin mit dem Thema beschäftigt, dass viele russische Deserteure in die EU kommen.
Tatsache ist, dass russische Deserteure in die EU drängen – Flucht aus Angst vor dem Krieg ist keine humanitäre Frage – aber eine Frage des Asylrechts.
Die Debatte um die Aufnahme russischer Kriegs-Deserteure in die Europäische Union hat Fahrt aufgenommen. Wie viele Russen wegen einer Einberufung oder der Angst davor schon geflohen sind, weiß derzeit niemand. Die russische Oppositionszeitung „Nowaja Gezeta“ schreibt von 260 000 geflüchteten Männern. Wer Putins Regime hasse und die Demokratie liebe, sei in Deutschland willkommen, sagt Justizminister Marco Buschmann (FDP). Eine naive Auslegung des Asylrechts. Sicher, jeder Russe, der vor dem Krieg nach Europa flieht, schwächt das Putin-Regime. De Facto, aber auch weil über diesen Weg die zurückgebliebenen Familien die Wahrheit über den Krieg erfahren. Aber ist das ein Grund, das geltende Asylrecht auszusetzen?
Ja, den Flüchtenden aus der Ukraine werden großzügige Sonderrechte eingeräumt – sie brauchen keine Asylanträge zu stellen. Soll das jetzt auch für die fliehenden Russen gelten?
Auch wenn das auf den ersten Blick eine gewisse Plausibilität hätte, gibt es einen gravierenden Unterschied: Die Menschen aus der Ukraine fliehen, weil das russische Militär einen furchtbaren Krieg führt. Sie aufzunehmen, war und ist eine humanitäre Frage.
Die russischen Deserteure dagegen fliehen, weil sie Angst vor dem Krieg haben. Ein Krieg, der offenbar erst jetzt ins Bewusstsein der Familien gekommen ist, weil ihre Väter und Söhne einrücken müssen. Angst vor dem Krieg kann kein Grund für eine Sonderregelung sein. Wenn aber ein Kriegsdienstverweigerer politisch verfolgt wird und ihm hohe Haftstrafen drohen, gilt er nach der Genfer Flüchtlingskonvention als Flüchtling und folgerichtig kann er Asyl beantragen. Es wäre ein Bruch des Völkerrechts, wenn Menschen pauschal abgewiesen werden, obwohl sie in ihrem Heimatland politisch massiv verfolgt werden.
Insofern muss die EU russische Deserteure aufnahmen. Aber nicht wegen und mit einer zu schaffenden Willkommenskultur.
Es geht einzig um das Recht auf Asyl. Das bedeutet, dass das keinen Freibrief für alle fliehenden Russen geben darf. Recht auf Asyl bedeutet ein individuelles Verfahren, in dem im Einzelfall geprüft werden muss, ob es einen Grund für das Asyl gibt. Selbstverständlich muss es auch eine Sicherheitsprüfung geben, denn nicht jeder fliehende Russe ist per Freibrief ein guter Russe.