Der erste Teil dieses Berichts wurde vor kurzem veröffentlicht und er endete mit der Ankunft in Mekka und mit der Fahrt zur großen Moschee. Heute können Sie den zweiten überaus spannenden Teil über die eigentliche Hajj in Mekka lesen.
Es war auch nachts immer noch heiß. Sobald wir jedoch in den Haram kamen (so nennt man die große Moschee mit der Kaaba in der Mitte), wurde es angenehm kühl. Überall gibt es Ventilatoren und Klimaanlagen und sogar unter den Marmorplatten wird gekühlt. Immer halten sich dort viele Menschen auf, egal zu welcher Tages- oder Nachtzeit. Der erste Anblick der Kaaba war wunderschön – das werde ich nie vergessen. Ganz speziell fand ich die goldschimmernde Beleuchtung und die ausgestrahlte Energie. Wir begannen unsere sieben Runden um die Kaaba gegen den Uhrzeigersinn zu gehen. Drei Ecken des würfelförmigen Gebäudes haben den Namen eines Landes, die vierte Ecke enthält den schwarzen Stein, von dem man sagt, dass er aus außerirdischem Material stammt und einst aus dem Paradies auf die Erde gefallen ist. Man beginnt die erste Runde beim schwarzen Stein, sagt „In Gottes Namen und Gott ist groß“ und hebt die Hand zum Gruß. Bei der jemenitischen Ecke sagt man „Unser Herr, gib uns im Diesseits Gutes und im Jenseits Gutes und bewahre uns vor der Strafe des Feuers“. Dies wiederholt man bei jeder Umrundung bis man sieben Runden vollendet hat. Wer Angst hat, dass er sich verzählt, kann einen Ring mit sieben Perlen zur Hilfe nehmen oder sogar eine App auf dem Mobiltelefon benützen. Beim Gehen soll jeder für sich Gebete sprechen, denn die Gebete bei der Kaaba sind speziell wirkungsvoll. Dieses Ritual nennt man Tawaf. Ich fand diese Umrundungen wunderschön und hoffte, dass ich noch ein paar andere Male den Tawaf machen könnte, jedoch alleine ohne immer auf die Gruppe schauen zu müssen.
Nach sieben Umrundungen verlässt man den Bereich, betet zwei Verbeugungen beim Platz von Abraham, geht zu den Wasserspendern und trinkt das berühmte Zamzam Wasser und geht weiter zu den Hügeln Safa und Marwa. Das Ganze ist heutzutage ziehmlich zugebaut, man kann nur die obersten Steine der Hügel erkennen. Für die immer zunehmenden Menschenmassen wurden mehrere Stockwerke übereinander gebaut, die mit Treppen und sogar Rolltreppen erreicht werden können.
Nun liefen wir sieben Mal zwischen den beiden Hügeln hin und her, auf klimatisierten Marmorplatten. An jedem Ende stoppt man kurz und spricht ein paar Zeilen Gebet, dazwischen kann man für sich bitten oder einfach nur in sich gehen. Die Hügel sind ca. 450m voneinander entfernt, also läuft man im Gesamten etwas mehr als 3km. Man sieht viele alte Leute, die diese Anstrengung auf sich nehmen und wer es nicht mehr zu Fuß schafft, kann einen Rollstuhl mit oder ohne Begleitung mieten. Man sieht Menschen aus aller Herren Länder und kann nicht erkennen, ob sie arm oder reich sind, bei diesen gottesdienstlichen Handlungen sind alle gleich.
Die Geschichte der Kaaba und der Hügel Safa und Marwa ist Folgende: Am Platz der Kaaba hatte schon der erste Mensch und Prophet auf Erden, Adam, ein kleines Gotteshaus errichtet. Im Laufe der Zeit wurde es mehrere Male zerstört. Zu Lebzeiten von Abraham gab es dort nur sandige Wüste und die zwei Hügel Safa und Marwa. Abraham hat seine Frau Hajar und seinen kleinen Sohn nach einer Eingebung von einem Engel dort ausgesetzt. Hajar war verzweifelt und dachte, die beiden müssten verdursten und sterben. In ihrer Not setzte sie das Baby Ismael in den Sand und lief in der Hitze zwischen den beiden Hügeln hin und her, um nach Hilfe Ausschau zu halten. Als sie ergebnislos zu ihrem Sohn zurückkam, hatte sich auf wundervolle Weise unter seinen Füßen eine Wasserquelle gebildet, genannt Zamzam, die bis heute nie versiegt ist und von der Millionen von Menschen täglich Wasser trinken. Mutter und Sohn haben überlebt und später hat Abraham mit seinem Sohn zum Dank an Gott die Kaaba wieder errichtet und Mekka konnte sich zu einer Stadt entwickeln. Mit der Zeit jedoch wurde der abrahamitische Monotheismus durch Götzenanbetung verdrängt und in der Kaaba wurden Statuen aus Stein verehrt. Dies geschah so lange bis der Prophet Mohammed (sas) mit dem Islam den Monotheismus wieder aufbaute.
Die kleine Pilgerfahrt der Muslime = Omra besteht somit aus Ritualen in Erinnerung an die Geschichte von Abraham und seiner Familie, und speziell das Laufen zwischen den beiden Hügeln macht man im Andenken an eine mutige Frau. Zudem ist die Kaaba einer der energiereichsten Kraftorte der Erde und die Muslime verbeugen sich in den fünf täglichen Gebeten in ihre Richtung.
Nach dieser Omra hatten wir einen Tag Zeit, um uns im Hotel auszuruhen. Dann standen die sechs Tage und fünf Nächte der Hajj an, die man außerhalb Mekkas in Zelten oder im Freien verbringen muss. Wie der Leser nachher sehen wird, haben auch diese Riten einen Zusammenhang mit der Geschichte von Abraham, dem Stammvater der drei großen monotheistischen Religionen Judentum, Christentum und Islam.
Mit dem Bus fuhren wir in die Zeltstadt Mina, die ein paar Kilometer weit von Mekka liegt. Dort müssen die offiziellen 2.5 Millionen Pilger auf einer Fläche von ein paar Quadratkilometern für ein paar Tage untergebracht werden. Zudem gibt es noch etwa ein bis zwei Millionen inoffizielle Pilger, die auf den Straßen schlafen. Ich möchte vor allen kommenden persönlichen Erzählungen ein ganz großes Lob an das saudi-arabische Hajjministerium aussprechen, welches sich alle erdenkliche Mühe gibt, die Millionen von Pilgern zu transportieren, zu verköstigen und die Sicherheit zu wahren. Überall gibt es kleine Gesundheitszentren, mobile Ambulanzen, Polizisten und Müllmänner. Jedes Jahr gibt es Verbesserungen und wo es noch vor einigen Jahren zu Toten durch Massenpaniken kam, werden die Menschenmassen heute mit modernen technischen Mitteln durch klimatisierte mehrstöckige Tunnel geleitet und alles mit Kameras kontrolliert. Ich kam nie in eine Situation, wo ich Panik bekam. In den Zelten von Mina ist es immer noch sehr eng und die hygienischen Bedingungen der Toiletten sind für Europär schwierig zu ertragen, aber ich denke, dass auch dort in der Zukunft Verbesserungen stattfinden werden.
Die Zeltstadt Mina ist in Inseln unterteilt und wir Schweizer hatten unsere Zelte im gleichen Areal wie die Engländer und Australier. Die Busse haben nur zu bestimmten Zeiten Zufahrt, man kann sich also nur zu Fuß bewegen. Die meisten hatten einen Tramper-Rucksack oder eine große Tasche dabei, für mehr hatte es im Zelt absolut keinen Platz. Ich war in unserem Zelt mit 30 anderen Frauen untergebracht, das Zelt hatte ca. die Ausmaße von 10x6m. Am Boden war ein großer viele Jahre alter Teppich und es gab 30 zusammenklappbare Matratzen, die man entweder zum Sitzen oder zum Liegen benutzen konnte. Ein neues Kissen und eine neue Decke pro Person waren vorhanden. Das Gepäck musste man zwischen die Zeltwand und die Matratze stellen. Ich hatte mir das ganze etwas anders vorgestellt: mehr Platz pro Person und ein WC, Dusche und Umkleidekabine pro Zelt. Dem war jedoch nicht so, wenn man eine Standard Hajj gebucht hat. Will man mehr Platz und Komfort muss man mehr bezahlen und zwar viel mehr.
Wir verbrachten also den ersten Tag nur im Zelt eingepfercht und litten die ersten Stunden alle an Depressionen. Diejenigen die nicht zum ersten Mal dort waren, hatten uns etwas aufgemuntert und irgendwie dachte ich dann, ich muss da durch, das gehört dazu, alle Menschen sind auf der Hajj gleich und es sind ja nur wenige Tage. Immerhin gab es zwei Klimaanlagen und gut dass ich ein paar Bücher dabei hatte um mich abzulenken. Die Toiletten waren draußen, 20 Nasszellen unter einem Dach, gleichzeitig WC und Dusche, ganz wenige davon mit Sitz und angeschrieben „für alte Leute“. Ich möchte dem Leser Details ersparen. Zwischen den Zelten gab es 24h Kaffee und Tee aber ich hatte darauf verzichtet, um Toilettengänge zu sparen.
Die Verpflegung war nicht Spitze aber in Ordnung. Man konnte sich soviel gekühltes Wasser, Saft und Sprudelgetränke holen, wie man wollte. Dreimal pro Tag wurden abgepackte Mahlzeiten verteilt und zwischendurch stellte jemand eine Box mit Früchten ins Zelt. Das Problem war der Platz und wie man die Zeit verbringen soll.
Am zweiten Tag waren alle froh, dass es weiter ging mit dem Programm. Es war der wichtigste Tag der Hajj, an dem sich alle anwesenden Pilger bis zum Sonnenuntergang auf der Ebene vom Berg Arafat versammeln müssen. Ohne das ist die Hajj nicht gültig. Es ist der Tag des Bittens um Vergebung und des Reinwaschens aller vorhergehenden Sünden. Man kann den Tag in den recht großzügigen Zelten verbringen oder sich zum Berg der Barmherzigkeit aufmachen und hinaufsteigen. Wichtig ist, dass man sich innerhalb des Areals der Arafat Ebene befindet. Ich zog es vor im Zelt zu bleiben, denn draußen war es sehr heiß und staubig und ich befürchtete einen Hitzschlag.
Am Arafat-Tag fasten die daheimgebliebenen Muslime, um den Pilgern Kraft zu geben. Es ist der Tag vor dem Eid al Adha, dem Opferfest. Arafat bedeutet „sich erkennen“. Eine Legende sagt, dass Adam und Eva, nachdem sie aus dem Paradiesgarten auf die Erde verbannt wurden und viele Jahre getrennt waren, sich beim Berg der Barmherzigkeit auf Arafat wiedergefunden hatten. Zudem hatte Mohammed (sas) bei seiner Pilgerfahrt vor seinem Tode dort eine wichtige Abschiedsrede gehalten, die jedes Jahr wiederholt wird und in der er darauf verwiesen hat, wie wichtig es ist, die Frauen gut zu behandeln.
Nach dem Sonnenuntergang konnten wir wieder zurück nach Mina, jedoch nicht direkt, sondern man muss auf dem Weg die Nacht im Freien verbringen und ein paar Stunden auf einer Matte oder ähnlichem schlafen. Jung und alt, arm und reich, wer kann legt sich hin. Für mich war dies einfacher, als ich es mir vorgestellt hatte. Dank Augenbinde und Ohrenstöpsel konnte ich mich ganz gut abschirmen und schlief ein paar Stunden. Wenn die Dämmerung kommt verlassen alle den Platz mit den Bussen oder zu Fuß und die meisten Menschen lassen ihre Matten und Schlafsäcke oder Decken einfach dort. Ich wollte nicht zurückblicken und sehen, wie es nach dem Aufbruch dort aussah, nur hoffte ich, dass es arme Menschen gibt, die die hinterlassenen Gegenstände noch brauchen konnten und nicht alles in der Abfallverbrennung landen musste.
Für die Daheimgebliebenen ist dies der erste Tag vom Eid al Adha = Opferfest, für uns Hajjis gab es aber noch Aufgaben zu erledigen, dies ist für Unwissende etwas verwirrend. Ich bekam an diesem Tag auch schon viele Gratulationen auf mein Mobiltelefon geschickt und musste allen erklären, dass die Hajj für mich noch nicht erledigt ist. Frühmorgens werden die im Voraus bestellen und bezahlten Tiere geschlachtet. Heutzutage bekommt man das Schlachten nicht mehr mit, da dies in riesigen modernen Schlachthäusern stattfindet. Der größte Anteil des Fleisches wird verpackt und an Arme in die ganze Welt verschickt, damit diese wenigstens einmal pro Jahr Fleisch essen können. Opferfest heißt der Tag aber noch aus einem anderen Grund und zwar basiert das wieder auf einem göttlichen Ereignis von Abraham und seinem Sohn Ismael. Abrahams Standfestigkeit im Glauben wurde von Gott getestet, indem Er ihm befahl, seinen geliebten Sohn Ismael zu opfern. Dies soll in Mina gewesen sein, wo heute die drei Säulen zur Steinigung des Teufels stehen. An drei Stellen erschien Abraham der Teufel in menschlicher Gestalt und versuchte, ihn von der Tötung seines Sohnes abzubringen. Abraham blieb standhaft und warf jedesmal sieben Steine auf die Gestalt und sagte „Gott ist größer“. An diesen drei Stellen sieht man gigantische Säulen aus Stein, die bei der Hajj von den Pilgern mit je sieben haselnussgroßen Steinen beworfen werden in Erinnerung an die Szene von Abraham. Als Abraham Ismael das Messer an den Hals setzte geschah ein Wunder und das Opfer wurde durch ein Schaf ersetzt. Deshalb werden jährlich an diesem Tag Schafe geschlachtet und das Wunder mit einem Fest gefeiert.
Wir Hajjis waren wieder in unsere engen Zelte zurückgekehrt. Ein kleiner Teil des Fleisches wurde später für uns gekocht und wir bekamen es auf einer Platte mit Reis zum Abendessen serviert. Zu den Riten gehört es, dass man noch weitere zwei Nächte in Mina verbringt, weitere zweimal zu den Steinsäulen hochgeht und dazwischen einmal nach Mekka hinein, um noch einmal die Kaaba zu umkreisen und zwischen den Hügeln zu laufen. Alles zusammen ist körperlich sehr anstrengend, vor allem in der Hitze. Am dritten Tag passierte es dann, dass ich erbrechen musste. Ich schaffte es gerade noch, mir einen Plastiksack zu schnappen und mich vors Zelt zu setzen. Wie aus dem Nichts tauchte meine Hotel- Zimmergenossin wie ein Engel auf und half mir. Erst dann erfuhr ich, dass sie Krankenpflegerin war. Es ging mir dann etwas besser. Entweder vom Fleisch oder von ungewaschenen Trauben erwischte es mich dann am nächsten Morgen mit Durchfall. Die oben beschriebene Toilettensituation gab mir endgültig den Rest. Vollgestopft mit Immodium und Elektrolytersatz machte ich mich zu Fuß auf zu unserem Hotel, wo wir immer noch unsere Zimmer hatten. Einer älteren Dame aus Bosnien ging es auch nicht so gut und wir liefen zusammen eine Stunde bei über 40 Grad zum Hotel. Die Straßen waren zum Teil abgesperrt und ich musste mit den Polizisten sprechen, damit wir passieren durften. Ohne Arabisch hätte ich es nicht geschafft. Ich fühlte mich für die ältere Dame verantwortlich und irgendwie kam dadurch meine volle Energie zurück und wir schafften es ins Hotel. Wie dankbar war ich, als ich mich in einem sauberen Bad duschen und die Kleider wechseln konnte! Ich stellte fest, dass auch noch einige andere aus der Zeltstadt ins Hotel geflüchtet waren. Für die restlichen zwei Tage fanden wir dann heraus, dass es für Kranke und Alte nicht obligatorisch ist, die ganze Zeit in den Zelten von Mina zu verbringen und es ausreicht, wenn man sich ein paar Stunden pro Nacht dort aufhält. Erleichterungen sind dazu da, angenommen zu werden!
Wenn alle Riten zu Ende geführt sind, muss man sich die Haare und Nägel schneiden, damit der Ihram Zustand und somit die Hajj beendet sind. Dies bedeutet einen symbolischen Neuanfang im Leben.
Nach Abschluss der Hajj-Tage hatten wir noch drei Tage in Mekka zur freien Verfügung. Wir wechselten das Hotel und bekamen ein 5er Zimmer im größten Hotelkomplex der Welt gerade neben dem Haram. Das Pulman Zamzam in Mekka sollte ein 5-Sterne Hotel sein, aber ich gab ihm nur 3 Sterne, es braucht dringend Renovation. Die Nähe zur Kaaba und das Erlebnis, im größten Hotelkomplex der Welt zu wohnen, hat das Negative jedoch kompensiert.
Diese letzten drei Tage verbrachte ich teilweise mit meinen liebgewonnenen neuen Freundinnen oder auch besinnlich alleine. Ich ging täglich einmal zur Umschreitung der Kaaba, auch auf den oberen Etagen, von wo man einen atemberaubenden Blick nach unten hat. Ich nahm mir einen der Klappstühle für alte Leute und verbrachte mehrere Stunden nur damit, das gleichmäßige Kreisen zu beobachten. Zudem wollte ich die Gebete nicht verpassen, denn bei der Kaaba zählen sie das 100,000 fache von normalen Gebeten.
Am letzten Abend saß eine ganz alte Frau ohne Zähne neben mir, sie konnte kaum eine Sprache sprechen und zeigte lächelnd auf meinen zusammenfaltbaren Gebetsteppich. Ich verstand zuerst nicht, was sie mir sagen wollte, nur dass er ihr gefiel. So faltete ich ihn zusammen, steckte ihn in die dazugehörige Umhängetasche und gab ihn ihr als Geschenk. Sie hatte eine so große Freude und für mich war es ein dankbarer Abschluss der Reise.
Die drei letzten Tage waren sehr schön, aber ich war auch froh, dass ich wieder nach Hause zurückreisen durfte. Mein Reisetag war ein Freitag und am Samstag musste ich gleich arbeiten. Ich verabschiedete mich mitten in der Nacht von meinen Freunden mit der Versicherung, dass wir uns bei meinem nächsten Schweiz-Besuch treffen wollen.
Ich musste ja wieder alleine zurückreisen und da man nicht weiß, wie viele Tausende von anderen Menschen auch gleichzeitig abreisen, muss man das Hotel 10 Stunden vor dem Abflug verlassen. Bei mir war dies 5 Uhr morgens. Die Organisatorin erklärte mir, dass ich zuerst ein Taxi nehmen müsste zu dem Büro des Mutawaf, denn dort war mein Pass hinterlegt. Von dort könnte ich nur mit einem registrierten Limousine-Service zum Flughafen Jeddah fahren und am Flughafen würde mir mein Pass ausgehändigt.
Der Taxifahrer meinte jedoch, er wisse alles besser. Er fuhr mich zum Mutawaf Büro und wollte mit den Angestellten verhandeln, dass er mich zum Flughafen fahren kann (und das Geld für die Fahrt kassieren). Sie sagten nein und ich war vorinformiert, dass es nicht geht. Er fing an, Probleme zu machen und als ich mein Gepäck aus dem Taxi holen wollte, war sein Auto abgeschlossen. Er wollte mir mein Gepäck nur geben, wenn er mich an den Flughafen fahren könnte. Ich sagte zu den Leuten, sie sollen die Polizei rufen und das taten sie auch. Als die Polizisten da waren, meinte der Taxifahrer immer noch er hätte Recht…..es dauerte über eine Stunde, bis ich mein Gepäck zurückbekam. Danach kam der Polizist zu mir und entschuldigte sich vielmals sehr höflich für die Umstände. Der Beamte fuhr mich sogar persönlich zum Flughafenbus und gab mir meinen Pass zurück. Ich war sehr positiv überrascht über die freundliche Behandlung der Beamten mir gegenüber als alleinreisende Frau.
Am Flughafen Jeddah darf man pro Person 5 Liter des wundersamen Zamzam Quellwassers für einen kleinen Unkostenbeitrag kaufen und mitnehmen. Mein Flug – ein regulärer Linienflug vom regulären Flughafen Jeddah – startete pünktlich auf die Minute und landete auf die Minute genau in meiner Stadt Ras Al Khaimah. Später erfuhr ich, dass die Reisenden meiner Schweizer Gruppe erst mit vier Stunden Verspätung vom Hajj-Terminal in Jeddah abfliegen konnten.
Es war mein erstes Mal, dass ich auf dem RAK-Flughafen landete. Der Zollbeamte sah sich meinen Pass and und sagte „Sie arbeiten bei English World? Bei Euch war ich schon!“ Dies und das Bild mit „l love RAK“ am Ausgang ließen mich wirklich wissen, wo mein Zuhause ist. Nach 2 min war mein Gepäck da – nur nach meinem Zamzam Wasser musste jemand draußen suchen, aber auch das fand sich wieder. Und endlich folgte die herzliche Begrüßung und Wiedervereinigung mit meinen Kindern am Ausgang – mit Blumen und einem mit Lichtern geschmückten Haus!
Unser Scheikh in Mekka hatte zu uns gesagt: „Wenn ihr nach der Hajj spürt, dass sich etwas in euch verändert hat, ist dies ein Zeichen, dass die Hajj angenommen wurde.“
Ganz sicherlich hat die Hajj bei mir einen positiven Effekt hinterlassen. Die weltlichen Dinge sind nicht mehr so wichtig, ich hänge nicht mehr so stark an persönlichem Besitz, ich suche mir ein paar Minuten mehr pro Tag für Spirituelles und ich kann bereits jetzt bestätigen, dass die Gebete bei der Kaaba wirklich erhört werden. Hoffentlich hält dieser Zustand noch ein wenig an!