Nur wenige wissen Genaues über Jazirat Al Hamra, auf Arabisch die „rote Insel“, das kleine verlassene Dorf ca. 18 km südwestlich von Ras Al Khaimah. 

Vom Za’ab Stamm besetzt wurde dieses Küstendorf im 14. Jahrhundert auf einer Halbinsel gegründet. Der Stamm wurde auch als Hadhr bezeichnet, dies ist der lokale Name für die Küstenbeduinen, deren Lebensunterhalt hauptsächlich durch Perlentauchen und Küstenfischerei  bestritten wurde.

 

Geisterstadt

Geisterstadt

 

Es ist eines der ältesten historischen Stätten in den Vereinigten Arabischen Emiraten.

Einst die Heimat von Perltauchern, Fischern, Händlern und kleinen Ladenbesitzern wurde das Dorf in den späten 1960er Jahren aufgegeben. Sein Wohlstand ging rapide nach unten durch die Perlenkrise der 1920er und 1930er Jahre, als die Japaner  durch Kunstperlen den Markt eroberten und auch Perlenzucht  hier ansiedelten und damit viele der arabischen traditionellen Perlentaucher aus dem Geschäft geworfen wurden. Das Perltauchen hatte seit dieser Zeit keine Zukunft mehr.

Die Regierung köderte die Bewohner durch bessere Häuser  in einem neuen Dorf gleich nebenan und bereits vorher wurden Angehörige des Za’ab Stammes nach Abu Dhabi umgesiedelt.

Heute ist das Dorf unter den Namen „Ghost Town“ – die Geisterstadt bekannt wegen der verlassenen Häuser und verfallenen Gassen.  Man sagt, dass man dort Gespenstisches erleben kann – dort gibt es Djinns, das sind spirituelle Wesen aus dem Islam oder aus der arabischen Geschichte. Oft kommen sie in Form von Tieren vor, z.B. in Form einer Ziege oder einer großen Katze. Sie werden im Koran und anderen islamischen Texten erwähnt und bewohnen eine unsichtbare Welt jenseits der sichtbaren Welt der Menschen. Zusammen bilden die Djinns, die Menschen und die Engel die intelligente Schöpfung Gottes.

Nicht immer sind die Djinns den lebendigen Besuchern wohlgesonnen und darüber gibt es auch viele gruselige Geschichten.

Jazirat Al Hamra besteht aus Korallen- und Lehmhäusern, bei denen alle Zimmer zu einem zentralen Innenhof führen – oft mit einem Henna-Baum in der Mitte oder einem Brunnen in der Nähe.  Für die ältesten Gebäude wurden Korallen und Muscheln mit Steinen und Lehm gemischt, die Dächer bestanden aus Palmstämmen und Mangrovenholz. Die jüngeren Gebäude wurden aus Korallenziegeln gebaut. Manchmal kann man auch noch größere Korallenstück im Mauerwerk erkennen.

 

Mauerwerk aus Korallen und Muscheln

Mauerwerk aus Korallen und Muscheln

 

Wenn man heute durch das Dorf läuft bemerkt man viele Details wie Windfänger und mit Gips eingeputzte Fenster sowie rostige Metalltüren oder ganz alte Türen aus Holz mit Ornamenten verziert.

 

Holztor bei Sonnenuntergang

Holztor bei Sonnenuntergang

 

Man findet heute auch noch Bücher mit Einträgen über Einkäufe sowie Trödel und alte Elektroleitungen, die alle langsam verrotten und bemerkt eine alte Moschee mit einem heruntergekommenen Minarett, von dem aus der Muezzin gesungen hat – ganz knapp über den Dächern. Dies ist überhaupt die älteste Moschee von Ras Al Khaimah mit einem Minarett, das plump und kegelförmig wirkt.

 

Moschee

Moschee

 

Zwischen der Moschee und dem Ortseingang befand sich früher der Soukh.

Am Ortseingang bemerkt man dann ein Haus mit zwei Windtürmen, der früheren Art einer Klimaanlage. Auf der anderen Seite sieht man die Ruinen eines Forts, das zu den ältesten Gebäuden von Ras Al Khaimah gehört.

Heute liegt die alte Stadt eingebettet in diverse Neubauten und Hotelanlagen, die wie Pilze aus dem Boden schießen und nur einen Steinwurf entfernt vom Al Hamra Village, einer modernen Ansiedlung wo viele Expats leben.

 

Alt und Neu

Alt und Neu

 

Al Jazirat Al Hamra ist ein fotogener Ort – voll mit ästhetisch bröckelnden Kulissen und  einem Touch von Verfall und Armut, auch wenn es hier spuken soll, worüber die unterschiedlichsten Geschichten erzählt werden. Man kann sogar hören, dass die Geister des alten Dorfes sich nachts bis Al Hamra Village schleichen und dort die Menschen erschrecken.

2012 wurde im Dorf auch der erste Horrorfilm in einem arabischen Land gedreht mit dem Namen „Djinn“

Besonders schön und stimmungsvoll ist es, sich dort bei Sonnenuntergang aufzuhalten und ich habe bisher zwar noch keinen Geist gespürt, aber einige Tiere wie z.B. große Vögel, Katzen, Hunde oder auch einen Wüstenfuchs gesehen, die durch die verlassenen Gassen streifen.

 

Idyll vor dem Haus

Idyll vor dem Haus

 

Faszinierend finde ich, dass am Rande dieses verfallenen Dorfes immer noch oder schon wieder einige Häuser bewohnt sind und man die seltsamsten Dinge vor den Häusern bemerken kann wie Käfige, eine Schaukel, einen antiken Sessel oder eine zusammengefaltete  Matratze. Auch traf ich einige Menschen, die zu Feierabend vor ihren Häusern saßen und freundlich grüßten.

 

Feierabend

Feierabend

 

Jazirat Al Hamra ist nicht nur eine Geisterstadt sondern ein erstaunliches Stück Geschichte. Es ist auch nahezu die letzte authentische und traditionelle Stadt in den Vereinigten Arabischen Emiraten und hoffentlich wird von der Regierung alles getan, um es zu erhalten bevor es für immer verloren geht. Ein Museumsdorf an dieser Stelle würde sicher viele Leute anziehen, die mehr über die Geschichte und das Leben in alter Zeit wissen wollen.

Bis dahin werden wohl viele Neugierige durch die verfallenen Gassen wandern, Fotos machen und ein klein wenig den Hauch der Geister spüren, die es hier ganz sicher gibt!

 

Bildergalerie: Die Geisterstadt

Bildergalerie: Die Geisterstadt