Heute berichtet der deutsche Journalist Wolfgang Stephan wieder über ein Erlebnis am Rande der WM in Qatar – über seine Begegnung mit dem Vice President der Deutschen Hospitality und über das Ausscheiden der Mannschaft der Herzen.

Geld spielt nicht die große Rolle

Eine Hotel-Übernachtung für umgerechnet 1085 Euro. So viel hätte gestern die Übernachtung in einem der besten Hotels in Doha gekostet. Für eines der wenigen Zimmer, das noch zu bekommen war. „Wir sind in dieser Woche fast ausgebucht“, sagt Siegfried Nierhaus, Vice President  der Deutschen Hospitality und damit auch zuständig für die Steigenberger-Gruppe im Mittleren Osten.

Das Steigenberger Hotel in Doha und die Steigenberger Residences wurden in Gänze gerade noch rechtzeitig zum Weltcup eröffnet und bieten 206 Zimmer und 287 Residenzen an. „Zwei Wochen komplett ausgebucht, dann eine Belegung von über 90 Prozent, die sich zum Wochenende steigern wird“, sagt der Deutsche, der seit vielen Jahren von Dubai aus die Steigenberger-Geschicke im arabischen Raum managt.
Nun also auch Doha. „Ein ganz besonderer Ort“, sagt Nierhaus. Besonders, weil Doha immer noch ein Level höher liege: Alles sei eine Spur luxuriöser, größer und exklusiver.
Blicken wir auf das neue Steigenberger. Finanziert und gebaut von einem Katari, aber nach den Wünschen des Steigenberger-Managements. „Wir sitzen auf italienischem Mobilar“, sagt Nierhaus als Beispiel für den Standard. In keinem anderen Hotel seiner Gruppe gebe es ausschließlich Inventar von italienischen Designern, das gut und teuer sei. In Katar war das der Wunsch des Investors, der etwas Besonderes schaffen wollte. „Geld spielt nicht so die große Rolle hier“, sagt der Manager, der den Weltcup als Glücksfall für die Hoteliers bezeichnet.
Die Hotelpreise liegen in normalen Zeiten etwa bei der Hälfte. „Made in Germany“, das sei im Mittleren Osten schon eine Marke, sagt Nierhaus, der zwar auch deutsche Top-Gäste des Fußballs begrüßen konnte, wenngleich das Hotel trotz des Namens nicht von Deutschen lebe. In der Vorrunde waren es vor allem die Saudis, aber auch viele Gäste aus den anderen GCC-Staaten.

Gut, ich hätte mich schon gefreut, wenn Siegfried Nierhaus mir einen Rotwein angeboten hätte. Ein rares Produkt in Katar. Alkohol gibt es im Steigenberger Doha aber nicht, im Gegensatz zu den meisten anderen Fünf-Sterne-Häusern. „Es ist der Wunsch unseres Investors“, sagt Nierhaus so, dass deutlich wird, dass dies mehr als nur ein Wunsch ist. Kommen deswegen weniger Gäste? „Im Gegenteil“, sagt Nierhaus. „Unsere arabischen Gäste wissen es zu schätzen, wenn am Nebentisch kein Alkohol getrunken wird.“ Kein Alkohol als Wettbewerbsvorteil. Geht auch nur in Katar.

 

Inzwischen war Wolfgang Stephan im Stadion bei einem Spiel, das viele begeisterte und auch viele traurig machte und so finden Sie hier seinen Report zum Schlusspfiff.

Perfekt: Frankreich im Finale gegen Argentinien

Die Mannschaft der Herzen hat es nicht ins WM-Endspiel geschafft: Argentinien und Frankreich bestreiten am Sonntag das Finale der WM in Katar. Die bis vor kurzem als Überraschungsmannschaft gefeierten Marokkaner wurden von den gnadenlos effizient spielenden Franzosen 2:0 geschlagen. Kylie Mbappé war eine Nummer zu groß für die tapfer kämpfenden Marokkaner. 

Noch ehe sich die 68.294 im vollen Al Bayt-Stadion und die 22 Spieler auf dem Rasen unter dem tiefschwarzen Nachthimmel in der Wüste Katars vorgestern Abend richtig sortiert hatten, war der erste Akt gelaufen: Die Franzosen veredelten gleich ihre erste Chance zur Führung. An der Stafette im Strafraum waren erst Varane und Griezmann beteiligt, dann kam Mbappé ins Spiel, sein abgefälschter Schuss landete bei dem heraneilenden Theo Hernandez und der traf aus spitzem Winkel artistisch ins kurze Eck. Genau das sollte nicht passieren. Marokkos Trainer Walid Regragui hatte mit drei Innenverteidigern eine Fünfer-Abwehrkette installiert und ein frühes Pressing angeordnet. Doch die Effizienz der Franzosen machte alle taktischen Überlegungen des Trainers früh zunichte.

Angetrieben von den wieder 90 Minuten lang singenden, feiernden und pfeifenden afrikanischen und arabischen Fans musste die Überraschungsmannschaft der WM, gegen die bis gestern Abend kein Gegner getroffen hatte, jetzt selbst das Spiel machen. Nach zehn Minuten war bewiesen, dass sie auch das können, doch Frankreichs Torhüter Hugo Lloris konnte den Schuss von Azzedine Ounahi gerade noch parieren.

Durch die schnell veränderte Ausgangslage entwickelte sich ein Halbfinale, das so niemand erwartet hatte. Weil sich Innenverteidiger und Kapitän Romain Saiss früh verletzte, stellte Trainer Walid Regragui auf Viererkette um und ließ seine Atlas-Löwen ihre Offensiv-Qualitäten zeigen. Die Marokkaner spielten einen mutigen und selbstbewussten Fußball und hatten nur im Abschluss ihre Probleme. Mit einem Fallrückzieher von El Yamiq waren sie kurz vor der Halbzeit dem Ausgleich ganz nahe, aber Lloris und der Pfosten verhinderten den afrikanischen Glücksmoment. Die Equipe Tricolore hatte allerdings die klar besseren Chancen, Olivier Giroud traf erst nur den Pfosten und dann das Spielgerät in aussichtsreicher Lage nicht richtig, auch Kylian Mbappe hatte das 2:0 auf dem Fuß:

So aber war zur Halbzeit noch alles offen. Nach den Spieldaten hatte Marokko mit 55 Prozent sogar mehr Ballbesitz, aber die Franzosen mit 60:40 die deutlich bessere Zweikampfquote.

Aus der Pause kamen die Marokkaner wie aufgedreht und machten richtig Alarm am und im Strafraum der Franzosen, aber wie schon zuvor fehlte ihnen  oft beim letzten Pass die Effizienz und ein wenig auch das Glück. Defensiv zeigten sie besonders Mbappe, dass sie auch das rustikale Fach beherrschen. Weil auch bei den Franzosen die gewohnte Angriffsmaschinerie überhaupt nicht funktionierte, reagierte Trainer Didier Deschamps, für den glücklos spielenden Olivier Giroud kam der Gladbacher Marcus Thuram, der sofort für mehr Dampf auf dem Flügel sorgte, Mbappe rückte dafür in die Mitte, was sich in der 79. Minute als guter Griff erwies: Thuram bediente Mbappe, der sich im Strafraum gegen vier Abwehrspieler durchsetzte und den Ball flach vor das Tor legen konnte, wo Randal Kolo Muani das Finale für die Franzosen perfekt machte.

Was für eine Geschichte:  Der 24jährige Spieler der Frankfurter Eintracht war gerade 43 Sekunden zuvor für Dembelé gekommen, mit seinem ersten Ballkontakt entschied er dieses Halbfinale auf das sich die Fans alleine schon wegen der beiden großen Stars freuen können. Kylie Mbappe und Lionel Messi – in Paris spielen sie zusammen, am Sonntag im Finale der WM gegeneinander.