Heute beschäftigt sich der deutsche Journalist Wolfgang Stephan in seinem Gastbeitrag mit der Schaffung von weiteren neuen Stellen bei Airbus.
Den Hochlauf in der Produktion vor Augen und die Zukunft im Blick: 1000 neue Stellen hat Airbus in diesem Jahr im Norden bereits geschaffen, im nächsten Jahr soll es erneut Neueinstellungen in gleicher Größenordnung geben. Das neue Personal wird für die gewaltige Aufstockung der Produktion und die Entwicklung neuer wasserstoffbetriebener Flugzeuge benötigt, was eine neue Dimension des Fliegens bringen soll – mit weniger Belastung der Umwelt.
Es war eine Premiere der besonderen Art, denn erstmals zeigte sich das neue Airbus-Management als Trio bei einer Veranstaltung des Luftfahrt-Presseclubs in Hamburg.
Mit Nicole Dreyer-Langlet steht erstmals eine Frau mit an der Spitze von Airbus in Deutschland. Die Ingenieurin leitet die Forschung und steht für die Zukunft des Unternehmens. Gerd Weber ist Vorsitzender der Geschäftsführung und Chef von Airbus Operations GmbH und André Walter der neue Chef der neugegründeten Tochtergesellschaft Airbus Aerostructure GmbH, deren Gründung von den Betriebsräten lange kritisch gesehen wurde.
„Die Zweifel haben sich gelegt“, sagt Walter. Von den 22.000 Airbus-Beschäftigten in den Nordwerken arbeiten 9.000 bei Aerostructure. Das ehemalige PAG-Werk Nordenham wurde in das neue Unternehmen ebenso integriert wie das Werk Stade. Die Chefs Walter und Weber sitzen in Finkenwerder Tür an Tür.
Nach vier Monaten zieht André Walter bereits eine positive Bilanz: „Wir reden miteinander und nicht wie früher an getrennten Tischen.
“Ohne die Bündelung der Rumpfmontage wäre der geplante Hochlauf nicht zu schaffen, sagt Gerd Weber. Die Ziel-Zahlen sind jetzt konkret: Die monatliche Produktion der A320-Flieger, dem Kerngeschäft des Konzerns, soll von jetzt 50 auf 75 bis zum Jahr 2025 hochgefahren werden, was insbesondere den Standort Hamburg mit der Endmontage betrifft. „Hamburg ist das Herz der A320-Familie“, sagt Gerd Weber, der davon ausgeht, dass die coronabedingten Probleme der Luftfahrt Mitte des nächsten Jahres erledigt sind. Um den Hochlauf zu schaffen, muss neues Personal an Bord kommen. Weber rechnet mit 1.000 weiteren Einstellungen im nächsten Jahr in den Nordwerken Hamburg, Stade, Nordenham und Bremen, vorwiegend aber in Finkenwerder.
Das aber ist nur die aktuelle Herausforderung. Weitaus gewaltiger wird das Projekt sein, das Nicole Dreyer-Langlet auf der Agenda hat: Die Forschungsleiterin von Airbus Operations arbeitet im Team mit 400 Ingenieuren an der Zukunft des Fliegens. Bevor am Ende dieses Projektes ein grünes Flugzeug mit Wasserstoffantrieb am Himmel sein soll, gibt es kurz- und mittelfristig Maßnahmen, die die Umweltbelastungen verringern sollen, wie die neuen Neo-Flieger, die 20 bis 25 Prozent effektiver unterwegs seien. Weil der Neo-Anteil am Fliegen bisher aber nur 20 Prozent betrage, ergebe sich ein großes Potential in Richtung Dekarbonisierung, dem Ausstieg von fossilen Brennstoffen.
Neben der Erforschung optimaler Start- und Landebedingungen zur Einsparung von Kerosin und der Verwendung von nachhaltigeren Kraftstoffen, die teilweise bereits zugelassen sind, steht als großes Ziel der neue grüne Flieger. „Wir wollen damit 2035 auf den Markt kommen“, sagt Forschungschefin Nicole Dreyer-Langlet. „Unser Ziel ist ein CO2“-neutrales Flugzeug“, so die Ingenieurin. Spätestens 2027 will sich das Unternehmen festlegen, wie die Flieger der Zukunft aussehen sollen.
In ersten Studien hatte Airbus schon vor zwei Jahren drei Wasserstoff-Flugzeuge unter der Bezeichnung ZEROe vorgestellt, die hybridelektrisch angetrieben werden, also teils über Brennstoffzellen, teils über Verbrennungstriebwerke. Die bisher bekannten Modelle sehen einerseits wie klassische Verkehrsflugzeuge aus, nur mit längeren, flexibleren Tragflächen, es gibt aber auch ganz futuristische Konzepte mit einer Anordnung von achtblättrigen Propellern und einem ganz neuen Modell, einer „Blended-Wing-Karosserie“, die aus der militärischen Luftfahrt kommt, eine Kombination aus Nurflügler und breitem Rumpf. Zwei Hybrid-Wasserstoff-Turbofan-Triebwerke sorgen für den Schub. Unter den Tragflächen werden die Flüssigwasserstoffspeicher gelagert. „Flunder oder fliegender Flügel“, wird das Projekt im Flurfunk bei Airbus genannt.
Nicole Dreyer-Langlet spricht von einer „riesengroßen Herausforderung für die Beschäftigten“. Erstmals werde bei der Forschung auch bereits die Produktion – und damit die Aerostructure – mit in die Prozesse einbezogen, um frühzeitig zu erkunden, welche Folgen die verschiedenen Flugzeug-Varianten für die Produktion haben werden.
Weil die Luftfahrt mit der neuen Wasserstoff-Technologie beim Personal mit anderen Branchen – wie der Automobilindustrie – konkurriere, gelte es möglichst optimale Bedingungen für die neuen Fachkräfte der Zukunft zu schaffen. Wobei André Walter einen Vorteil für seine Branche sieht: „Wir haben 60 Nationen am Standort Finkenwerder und damit können wir bei den jungen Menschen punkten.“