Ich traf Sven the Baker in der Baker‘s Kitchen in der Dubai Marina mit Blick auf den Kanal seit langem mal wieder zu einer Tasse Kaffee und zu einem interessanten Gespräch.

Hi Sven, schön dass wir uns mal wieder zu einem persönlichen Gespräch treffen. Ich will auch einiges wissen, da viele Leser immer wieder nach Deinen Artikeln fragen.

Oh, das freut mich aber! Auch ich bekomme immer mehr Emails und vor allem WhatsApps, die sich sehr häufig um Ernährung und Gesundheit drehen.

Ich weiß ja, dass es  keinen anderen Bäcker in den VAE gibt, der aus der Sicht der Gesundheit für die Gesundheit bäckt und der Umweltgedanken, Nachhaltigkeit, gesunde Ernährung und Brot so gekonnt verbindet. Mittlerweile bist Du ja auch weltweit unterwegs, hältst Vorträge, besuchst Betriebe und hilfst anderen Menschen, Brot und Ernährung aus einer anderen Perspektive zu sehen. Warum machst du das?

Weißt Du Uschi, die Antwort nach dem Warum könnte ein tagesfüllendes Programm sein. Ich möchte es aber sehr kurz fassen.

Es macht mich und auch meine Familie sehr glücklich, anderen Menschen aktiv zu helfen.

Auch ist es eine enorme Herausforderung, dem falschen Weltbild über Ernährung und manchen vorherrschenden Dogmas entgegen zu wirken. Und am schönsten ist, es gibt ja weltweit Ärzte, Ernährungsspezialisten und Sportler, die sich dieser ehrlichen Aufgabe widmen. Generell bin ich aber der festen Meinung, dass sich alle Lebensmittel produzierenden Menschen viel mehr mit dem, was sie tun, auseinander setzen und kritisch damit beschäftigen sollten – insofern, dass sie sich auch mit den Auswirkungen auf den Menschen und auf seine Verdauung beschäftigen.

Warum soll ein Bäcker im 21. Jahrhundert nur mit Getreide backen?

Warum haben die meisten “gesunden” Nahrungsmittel immer eine Schattenseite? Zum Beispiel, dass glutenfreie Produkte Ersatz- und Austauschstoffe für das Gluten haben, die noch viel schädigender für den Organismus sind als das Gluten selbst!

Oder auch  dass so genannte Keto-Brote zwar weniger Kohlenhydrate und mehr Eiweiß haben, aber so viele andere Zutaten enthalten, die unseren Darmbakterien so zusetzen und so schlecht für unseren Körper sind, dass der ganze Keto- Gesundheitseffekt vollkommen hinfällig ist.

Ich durfte mein ganzes Leben lang bewusst und unbewusst die extremen Auswirkungen einer weniger gesunden und einer sehr gesunden Ernährung am eigenen Leib erfahren. Ganz besonders die positiven Auswirkungen einer gesunden Nahrungsmittelumstellung haben mich immer wieder geflasht und tun es immer noch. Diese positiven Erfahrungen und das viele vorhandene Wissen, was es ja bereits gibt, möchte ich mit allen Menschen teilen.

Was denkst Du, was ist der Schlüssel zu einem besseren, gesünderen und längeren Leben? Weil darum geht es ja im Endeffekt bei dem, was Du tust…

Die Sache ist ganz einfach. sofern man bereit ist, selbstkritisch und wertfrei und logisch an das Thema heranzugehen.

Man könnte sich die Frage stellen:” Warum sterben Menschen?”

Wenn wir jetzt äußere Einflüsse wie Kriege oder Unfälle beiseitelassen…Die Wissenschaft und sehr interessante Studien zeigen uns, dass der Mensch NICHT am Alter stirbt, sondern an Krankheiten. Warum das?

Man könnte sich die Frage stellen: ”Warum wird der Mensch immer älter und immer früher krank? (das stimmt leider auch nicht mehr überall, da seit einigen Jahren z.B. das Durchschnittsalter bei Mann und Frau wieder zurückgeht)

Früher war Diabetes 2 auch bekannt als Alters-Diabetes, weil meistens ältere Menschen diese Krankheit bekamen. Heute sind aber schon viele Kinder, Jugendliche und junge Menschen davon betroffen.

Und so kann man diese Reihe mit endlosen Beispielen weiterführen wie Autoimmunkrankheiten, Herz-Kreislaufkrankheiten, Adipositas und vieles mehr.

Diese gab es früher weniger, später und oftmals nur in einzelnen Bevölkerungsschichten.

 

Man sollte sich mit seiner Nahrung, die man zu sich nimmt, viel mehr beschäftigen und auseinander setzen. Man sollte sich vor Augen führen, dass das, was wir aufnehmen zu 70-80% dafür verantwortlich ist, wann wir sterben, wie wir sterben, wie wir uns vorher fühlen.

Ich erlebe immer wieder beim Thema Ernährung und deren Auswirkung, dass man auf eine Wand von Ignoranz stößtt, die aufgebaut ist auf Unwissenheit und genährt wird aus der Angst, an sich selbst aktiv zu werden und selbst Veränderungen an sich und seinem Essverhalten vorzunehmen.

Ich höre auch oft: ”Aber das war doch immer so!”. “Wir müssen doch alle mal sterben” “Ich kenne Leute, die haben geraucht und gesoffen, und die wurden 100 Jahre alt” “Ich kenne jemanden, der hat sehr gesund gelebt und ist mit 50 Jahren gestorben”, “Ich bin schon zu alt dafür”

Das alles sind nur Ausreden und Entschuldigungen, um keine Eigenverantwortung übernehmen zu müssen. Und es ist einfach so, dass jeder Mensch für seinen Körper selbst verantwortlich ist! Und auch Eltern für ihre Kinder!

Wir können nicht erwarten, dass wirtschaftlich gelenkte Regierungen oder regierungsabhängige Schulsysteme diese Aufgaben übernehmen. Menschlich und moralisch gesehen, müssten sie es, aber die Geschichte und Gegenwart zeigen, dass sie es nicht können.

Es ist so schlimm, dass wenn man sich mit Ärzten über das Thema Ernährung unterhält, dass diese erzählen, sie hätten im gesamten Medizinstudium keine 20Std. das Thema Ernährung behandelt,  wenn sie nicht Zusatzkurse und Schulungen belegt hätten.

 Ok Sven, das klingt sehr beindruckend. Wie kann denn jemand beginnen mit Veränderungen, wenn irgendetwas nicht richtig läuft mit seinem Körper? Wo startet man? Wen kann man konsultieren? Was kann man machen?

Als erstes sollte man verstehen, dass ein Arzt immer das Problem hat, etwas in kürzester Zeit n Ordnung zu bringen, was der Patient über einen langen Zeitraum vergeigt hat! Man sollte verstehen, dass das nicht geht.

Ein Arzt ist in meinen Augen wie ein Feuerwehrmann – wenn es brennt, dann kommt er und rettet was zu retten ist oder verhindert Schlimmeres und rettet auch Leben. Und jeder, der Erfahrung mit einem Brand hatte, weiß wie glücklich er war, als die Feuerwehr kam. Dieser Feuerwehrmann ist für mich wie ein Doktor der Allgemeinmedizin. Nach dem Löschen kommt die Fragen nach dem Warum. Warum entstand das Feuer?

Und dafür kommen andere Feuerwehrleute…so genannte Brandspezialisten, die ich immer gern mit den Fachmedizinern vergleiche. Ärzte zu verteufeln ist das dümmste, was man machen kann, wir brauchen sie und sind glücklich, wenn wir sie sehen und sie uns etwas geben, was schnell hilft.

Aber wir sollten unsere Verantwortung für unser Leben nicht auf Ärzte abwälzen.

Das bedeutet: Ich fange bei mir selbst an. Ich hinterfrage alles Bisherige!

Ich schaue über den Tellerrand hinaus und ich erlaube mir, auch Neues und Anderes aufzunehmen und geistig zu verarbeiten. Ich muss ehrlich zu mir selbst sein!

Man kann damit beginnen, einen Arzt oder Ernährungsberater seines Vertrauens zu fragen. Man könnte sich ein Buch über Ernährung kaufen und gründlich lesen. Man kann sich online informieren, andere Betroffene fragen, sollte dabei aber darauf achten, dass die, die man fragt, nicht von Interessensgemeinschaften der Industrie oder von einer von der Industrie geförderten Organisation bezahlt werden, weil eine Tatsache ist, krank sind wir alle – nur manche wissen es noch nicht.

Besonders wichtig ist, nicht dogmatisch zu werden und aus der Ernährung keine Religion und Glaubenssache zu machen. Denn nicht nur jeder Mensch ist anders, sondern auch von jedem Menschen ist die Verdauung und das Holobiom (sind die Mikroorganismen, die um uns, auf uns und in uns leben) anders. Wenn wir uns mit unserer Ernährung beschäftigen, dann beschäftigen wir uns gleichzeitig mit unserem Leben.

Es gibt ja wahnsinnig viele verschiedene Diäten! Woher weiß ich denn, welche für mich die richtige ist?

Uschi, ich find schon allein der Begriff DIÄT führt viele Menschen in die Irre, weil viele eine Diät mit einem Anfang und einem Ende verbinden, mit einer zeitlichen Begrenzung.

Wir sollten mehr über Ernährungsweisen sprechen als über Diäten. Und wenn es die eine Diät geben würde, die funktioniert, dann würde es ja keine andere geben.

Aber da jeder Mensch und seine Umgebung in der er lebt anders ist,  kann es DIE Diät und Ernährungsweise gar nicht geben. Eine Ernährungsweise ist immer dem Menschen selbst gewidmet.

Grundlegende Dinge wie z.B. weniger tierische Produkte (Fleisch) ist gesund! Dann sollte man beim Fleisch darauf achten, dass es ein grasgefüttertes Tier ist, das direkt von der Weide ohne Mästung direkt geschlachtet wird.

Viele Gemüse mit wenig Lektinen (Lektine sind Eiweiße, die eine Pflanze bildet, um sich vor Fressfeinden ((Mensch auch)) zu schützen. Lektine erfüllen genau ihre Aufgabe beim Menschen: Unwohlsein.

Vorsicht mit zu viel Obst – es enthält Fruktose und Glucose (weitaus schädigender als bekannt).

Einer der wichtigsten Aspekte ist aber, keine oder sehr wenig industriell hergestellte Lebensmittel (not processed) zu essen. Das ist laut vieler Studien ein Hauptproblem bei der Ernährung.

Wirkliches und echtes BIO ist besser als konventionell hergestellte Lebensmittel.

Es gibt noch mehr Basisregeln, aber hiermit kann man schon mal beginnen.

…Ach ja, und Brot ist nicht allgemein schlecht und macht fett und dumm, nur 95% von dem weltweit hergestellten!! Die anderen 5% können sogar sehr gesund sein.

Vielleicht noch ein kleiner Hinweis:

Man muss nicht Unmengen an tierischen Fleischprodukten verschlingen, um seinen angeblich so hohen Eiweißbedarf zu decken. Zum Beispiel können Hülsenfrüchte jeglicher Art fantastische Eiweißlieferanten sein. Man muss nur dann wissen, wie man sie richtig zubereitet, um ihre hohe Konzentration an schädlichen Lektinen stark zu reduzieren oder komplett abzubauen.

In dem Zusammenhang noch eine Anmerkung: Ballaststoffe sind extrem gesund, das bedeutet aber nicht, dass Vollkorn automatisch sehr gesund ist. Vollkorn aus Getreide kann sogar sehr schädigend wirken, weil neben den wunderbaren Vitaminen und Mineralstoffen, Biovitalstoffen und den super Ballaststoffen leider auch die Konzentration von schädigenden Lektinen extrem hoch ist  und diese im Getreide wesentlich schwieriger zu reduzieren sind als in Hülsenfrüchten oder in Gemüse.

Wow, das ist wirklich ein sehr umfangreiches Thema. Dürfen meine Leser Dich auch direkt fragen Sven?

Uschi, wie ich am Anfang erwähnte, bekomme ich sehr viele Emails und WhatsApps täglich und es ist mir immer eine Freude, wenn ich helfen darf. Selbstverständlich darf mich jeder per WhatsApp, Email oder persönlich fragen.

Vielen herzlichen Dank für deine fundierten Antworten lieber Sven! Ich selbst bin ja ein großer Fan Deiner Bäckereiprodukte und ich liebe auch Euer gesundes Essen.

Dann wünsche ich mir natürlich auch, dass viele über ihren Lebensstil nachdenken und mit Veränderungen an sich selbst beginnen. Bei mir sind Deine Worte auf jeden Fall schon auf fruchtbaren Boden gefallen.