Rechtsanwältin Luisa Rödemer von der Kanzlei Rödl & Partner Dubai  beschäftigt sich heute mit einem derzeit brisanten Thema, das für viele Privat- aber auch Geschäftsleute existenzbedrohend werden kann.

Einer der ersten Schritte, die nach Ausbruch der Corona Pandemie in den Vereinigten Arabischen Emiraten im Hinblick auf Miete und Pacht erfolgt sind, war die Aussetzung von Vollstreckungsverfahren aus gerichtlichen Mietstreitigkeiten. Ein rechtskräftiges Urteil aus einer Mietsache, beispielsweise aufgrund von nicht gezahltem Mietzins, kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht vollstreckt werden. Das betrifft auch Fälle, in denen der Beklagte zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden ist. Zum aktuellen Zeitpunkt ist der ursprüngliche zeitliche Rahmen dieser Maßnahme, zwei Monate seit Mitte März, fast abgelaufen. Ob die Maßnahme verlängert wird und falls ja wie lange, steht gegenwärtig nicht fest.

Ebenfalls auf Regierungsebene wurde im Rahmen des ersten Stimulus Pakets beschlossen, dass Teile der Nebenkosten (DEWA) um 10 % reduziert werden, was unabhängig davon erfolgt, ob die Miete privat oder betrieblich einzuordnen ist.

Auch die Freihandelszonen haben hinsichtlich der Mietproblematik reagiert. Der Freezone-Council, ein Zusammenschluss aus den verschiedenen Freihandelszonen, wie der Dubai Airport Freezone, dem Dubai International Financial Center, der Jebel Ali Freezone, Dubai South und der DMCC hat im Rahmen des zweiten Stimulus Pakets entschieden, dass Mietzahlungen bis zu einem Zeitraum von sechs Monaten ruhend gestellt werden können.

Welcher Zeitraum für die einzelnen Mieter konkret anwendbar ist und wie sich die Rechtslage für Unternehmen und Privatpersonen außerhalb der Freihandelszonen in Bezug auf Miete und Pacht darstellt, ist seitens der Regierung nicht vorgegeben und kann auch daher nicht einheitlich beantwortet werden.

Hier kommt es entweder auf eine mögliche Anwendung von Force Majeure oder schlicht dem Entgegenkommen des Vermieters an.

 Bei Force Majeure handelt es sich um einen Rechtsbegriff aus dem Französischen und kann im Deutschen mit dem Begriff „Höhere Gewalt“ gleichgesetzt werden. Höhere Gewalt liegt grundsätzlich vor, wenn ein schadenverursachendes Ereignis von außen auf eine Situation einwirkt, also seinen Grund nicht in der Natur der Sache hat und das Ereignis auch durch die äußerst zumutbare Sorgfalt weder abgewendet noch unschädlich gemacht werden kann.

Im Rechtssystem der Vereinigten Arabischen Emirate liegt ein Fall von Force Majeure vor, wenn es sich 1. um einen zweiseitigen Vertrag handelt und 2. die Vertragserfüllung unmöglich und nicht nur erschwert ist. Auf Force Majeure wird entweder im Rahmen einer Vertragsklausel oder mittels Rechtsanwendung des Gesetzes (Art. 273 UAE Civil Code) Bezug genommen. Sollte ein Fall von Force Majeure vorliegen, dann werden grundsätzlich alle Vertragsparteien von ihren Pflichten befreit. Grundsätzlich sind daraufhin die Parteien so zu stellen, als habe es den Vertrag nie gegeben (Rückabwicklung). Ob es sich bei der Corona Pandemie und der damit einhergehenden Krise um einen solchen Fall von Force Majeure handelt, ist bisher nicht entschieden. Selbst für den Fall, dass es sich um einen Fall von Force Majeure handelt, kann die Anwendung dieser Regelung nicht etwa zu einer Reduzierung des Mietzinses führen, sondern ausschließlich zur sofortigen Beendigung des Mietverhältnisses.

An dieser Stelle wird vielmehr Art. 249 des UAE Civil Codes relevant. Sollte nämlich in der Tat eine Vertragserfüllung nicht gänzlich unmöglich, sondern lediglich erheblich erschwert sein, kann nach diesem Artikel ein Richter bestimmen, dass die Pflichten einer Partei je nach Umstand erheblich reduziert werden, was für Mietverträge also zur Folge haben könnte, dass mittels gerichtlicher Entscheidung der Mietzins reduziert würde.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass zwar einige Maßnahmen in Kraft getreten sind, um Mieter zu unterstützen, es in der Mehrheit der Fälle aber auf eine individuelle Einigung und das Entgegenkommen des Vermieters ankommt. Ansonsten bleibt Mietern die Möglichkeit eine Mietminderung gerichtlich zu erstreiten, wobei der Mieter in diesen Fällen die Beweispflicht innehaben wird, dass ihm die Vertragserfüllung, also die Mietzahlung, aufgrund außergewöhnlicher Umstände öffentlicher Art, die nicht vorhergesehen werden konnten, äußerst erschwert ist. Wie die zuständigen Gerichte in diesem Zusammenhang entscheiden werden, ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht vorherzusehen.

Sollten Sie zu diesem brisanten Thema Fragen haben oder die Unterstützung der Kanzlei Rödl & Partner bei anderen rechtlichen Problemen benötigen, können Sie das deutschsprachige Team jederzeit telefonisch unter +971 4 295 0020 kontaktieren oder schreiben Sie ein Mail an luisa.roedemer@roedl.com.