Dr. Jutta Marquardt

Dr. Jutta Marquardt

 

Frühe Warnzeichen für Diabetes zu erkennen, das heißt Lebensqualität bewahren!

Obwohl es sich bei Diabetes mellitus um eine der häufigsten Erkrankungen in der Welt handelt, werden dennoch jedes Jahr weltweit Abermillionen Dollar dafür ausgegeben, das Bewusstsein für Anzeichen und Ursachen von Diabetes zu wecken.

Das Problem dabei ist allerdings weniger das Bewusstsein zu wecken, das Problem ist vielmehr die Krankheit selbst – Diabetes hat die üble Angewohnheit, sich einzuschleichen, bevor man sich überhaupt bewusst wird, dass man dieses Risiko hat.

Eines der frühesten Warnsysteme dafür, dass diese Krankheit sich entwickelt, wird aber sogar von unserem Körper selbst geliefert – nämlich dem ZNS, dem Zentralen Nervensystem.

„Diabetes muss noch nicht einmal diagnostiziert sein, wenn der Patient beginnt, Schmerzen in den Beinen zu empfinden,“ erklärt Dr. Jutta Marquardt, Consultant Neurologist in Dubai Healthcare City’s German Neuroscience Center, GNC. „Natürlich wird niemand so ohne Weiteres Beinschmerzen mit einer Erkrankung der inneren Organe wie Diabetes in Verbindung bringen, sondern sich Hilfe suchen bei einem Orthopäden oder einem ähnlichen Arzt, was jedoch zu einem langen und schmerzhaften Leidensweg führen kann.“

Tatsächlich ist es so, dass trotz der Tatsache, dass diese Schmerzgefühle heftig sein können, die Allgemeinheit kaum weiß, dass solche Schmerzen ein Alarmzeichen für Diabetes sein können.

„Ein Neurologe würde sofort wissen was los ist, weil bei 50% aller Patienten Diabetes mellitus unterschiedliche klinisch neuropathische (Nervenentzündungs-) Syndrome auslöst, die die Ursache für diese Schmerzen sind,“ erklärt Marquardt weiter. „Neurologen sind darauf gedrillt, solche typischen Schmerzmuster aufzuspüren, weil sie bei ihnen höchsten Alarm auslösen.“

In der Tat entwickeln sich diabetische Polyneuropathien ganz unauffällig über einen Zeitraum von 5 bis 10 Jahren und treten oft lange vor der Diagnose Diabetes auf. Aber, wie der Name (poly – viele) schon andeutet, gibt es zahlreiche unterschiedliche Formen der diabetischen Polyneuropathie, jede einzelne von ihnen mit einem anderen Schmerzverteilungsmuster.

„Zum Beispiel gibt es die symmetrische Form der Polyneuropathie“, führt Marquardt aus, die „sich typischerweise durch Sensibilitätsverlust, Schwächegefühl und schmerzhaftes Brennen der Zehen und Füße darstellt“.

Normalerweise treten die ersten Anzeichen der symmetrischen Polyneuropathie in einer Fußsohle auf, oder aber auch nur in einem halben Zeh, dann breiten sie sich allmählich ringförmig über beide Beine bis zum Knie, dann in die Oberschenkel und schließlich bis in die Hände aus. „Das letztgenannte Muster nennt man auch „Handschuh- Strumpf-Verteilung,“ sagt Marquardt,

„Neuropathie ist immer längenabhängig, weil die längsten Axons (Nervenausläufer) immer die anfälligsten sind und Patienten beschreiben Schmerzgefühle wie Kribbeln, Prickeln, Brennen, Taubheit und einen bandförmigen Druck.“

Obwohl dies für den Betroffenen schwierig selbst zu diagnostizieren ist, stimmt es aber doch, dass Betroffene eine Veränderung ihres Körpers bei Verletzungen erleben. „Aufgrund sensorischer Defizite werden kleinere Wunden oder Schnitte von den Patienten zunächst nicht bemerkt, was zu scheinbar unerklärlichen Entzündungen führt,“ weiß Marquardt. „Später entwickelt sich dann eine Schwäche der Muskeln, was sich insbesondere darin äußert, dass die Patienten nicht auf den Fersen stehen können. Bei fortschreitendem sensorischem Defizit, das auch die Fingerspitzen erreicht, haben die Patienten Schwierigkeiten, Dinge zu halten.“

Das häufigste Symptom ist aber „ein schmerzhaftes Brennen in den Füßen, das bei wärmeren Temperaturen schlimmer wird“, sagt Marquardt. Eine Möglichkeit festzustellen, ob es sich um ein ernsthaftes Problem handelt ist, einen leichten Reiz auf die befallene Stelle auszuüben – wenn man einen extremen Schmerz bei der Berührung der tauben Stelle verspürt, dann braucht man dringend Hilfe. „Auch eine Gangschwankung, die im Dunkeln schlimmer wird, ist ein häufiges Symptom der Patienten mit Diabetes“ erklärt Marquardt.

Obwohl Diabetes bereits in jungen Jahren auftreten kann, kommen Neuropathien eher bei erwachsenen Diabetikern vor. „Es kann sein, dass die Krankheit erst zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr festgestellt wird.“

„Es gibt eine bekannte Korrelation zwischen dem Auftreten von Neuropathie, der Dauer und der Schwere des Diabetes, dem Körpergewicht, der Körpergröße und einer lange bestehenden Überzuckerung, die bei jedem Patienten individuell untersucht werden muss,“ sagt sie weiter.

Wenn Anzeichen von Neuropathien bei Patienten auftreten, die an Diabetes leiden oder frühe Anzeichen polyneuropathischer Schmerzmuster auch ohne gesicherte Diagnose, wie oben beschrieben vorkommen, ist die frühzeitige Untersuchung durch einen Neurologen von eminenter Bedeutung, um möglichst rasch Gegenmaßnahmen zu ergreifen, und um gegebenenfalls erstmals die Diagnose Diabetes stellen zu können.