Heute beschäftigt sich der deutsche Journalist Wolfgang Stephan in einem weiteren Gastbeitrag mit der boomenden Luftfahrt und dem riesigen Personalbedarf bei Airbus.

Die Luftfahrtbranche ist im Aufwind, die Airbus-Auftragsbücher sind prall gefüllt und dementsprechend muss der Konzern weltweit aufrüsten. Airbus hat jetzt neue Zahlen vorgelegt, die alle Erwartungen übertreffen. Alleine in Deutschland werden 3.500 Stellen ausgeschrieben, in Spanien sind es 1.000.  Die Nachfrage nach neuen Fliegern in der zivilen Luftfahrt bedingt einen Hochlauf der Produktion in allen Flugzeug-Programmen. Dazu kommen die Zukunftsprojekte der klimaneutralen Flugzeuge.

Bereits im vergangenen Jahr stellte Airbus nach eigenen Angaben weltweit 13.000 Frauen und Männer ein, die Hälfte davon im zivilen Flugzeugbau. Der Fachkräftemangel bleibt die größte Sorge bei Airbus, zumal auch jährlich 500 Beschäftigte landesweit bei Airbus in Rente gehen. 3.500 neue Stellen sollen in diesem Jahr alleine in Deutschland besetzt werden, 1.900 im zivilen Flugzeugbau in den Werken an Weser und Elbe, 1100 im militärischen und Raumfahrtbereich und etwa 500 in der Hubschrauberproduktion, sagte Arbeitsdirektor Marco Wagner. In Spanien werden rund 1.000. Fachkräfte neu eingestellt.

Airbus hat wegen des Fachkräftemangels und der noch stockenden Lieferketten die Auslieferungsrate bei dem für den Konzern wichtigsten Flugzeug-Programm der Mittelstreckenjets aus der A320-Familie auf 75 Flieger pro Monat um ein Jahr auf 2026 verschoben.

Derzeit werden in Finkenwerder, Toulouse, Tanjin/China und Mobile/USA 45 bis 50 Flieger monatlich produziert. Ein weiteres für Airbus angenehmes Problem ist die erhöhte Nachfrage bei den Langstreckenflugzeugen, die während der Pandemie eingebrochen war.  Deswegen will der Konzern die monatliche A330-Produktionsrate von drei auf vier Flieger bis 2024 steigern.  Die monatliche A350-Produktionsrate soll von jetzt sechs auf neun Flieger bis Ende 2025 steigen. An den A330 und A350-Flugzeugen sind die Nordwerke der Airbus Aerostructure bei den Flügel- und Rumpfsegmenten, sowie mit den Seitenleitwerken aus Stade beteiligt.

„Unsere Arbeitsplätze sind langfristig gesichert“, versichert Marco Wagner. Das ergebe sich durch die Zahl von 7.200 Bestellungen im Airbus-Auftragsbuch, durch die bereits tarifvertraglich geschlossenen Vereinbarungen und die Zukunftsprogramme. Mit technologischen Innovationen und alternativen Antrieben soll klimaneutrales Fliegen bis 2035 Wirklichkeit werden. An Fliegern mit Wasserstoff-Antrieb und City-Taxen wird bei Airbus mit Hochdruck geforscht, auch dafür werden Arbeitskräfte gesucht, gut 20 Prozent der geplanten Neueinstellungen.

Freilich: Der Fachkräftemangel betrifft auch die Zulieferer, die – wie Airbus – während der Pandemie Personal abgebaut haben, das nun fehlt. Marco Wagner verteidigte den Personalabbau bei Airbus in der Corona-Krise: „Wir sind damit sehr gut durch die Pandemie gekommen.“ „Im Nachhinein“, so der Arbeitsdirektor, „ist man immer schlauer“.
Nach Angaben der IG Metall arbeiten rund 30.000 Beschäftigte im zivilen Flugzeugbau bei Airbus in Deutschland. Nach einer Studie der Agentur für Struktur- und Personalentwicklung aus Bremen melden mehr als 60 Prozent der Betriebe Probleme bei der Stellenbesetzung. Neue Arbeitskräfte zu finden, ist auch in der Luftfahrt schwieriger geworden, denn der Flugzeugbau steht im direkten Wettbewerb mit anderen Unternehmen der Spitzentechnologie wie Automobil oder Maschinenbau.
 „Der Arbeitsmarkt ist ein Bewerbermarkt geworden“, sagt Marco Wagner, und ergänzte „Es wird enger und schwieriger, die Stellen zu besetzen.“ Airbus geht deshalb in die Offensive und ist auf vielen Jobmessen und Events an den Hochschulen vertreten. Nach der Bremer Studie ist die Zahl der Bewerbungen für einen Ausbildungsplatz in der Luftfahrt innerhalb eines Jahres von 26 auf 15 (im Jahr 2021) gesunken.

Die Studie kommt zu dem Ergebnis: „Die Branche ist nicht mehr sexy.“