Hier finden Sie einen sehr persönlichen philosophischen Bericht von Jessica Scherneck über den Ausflug der Evangelischen Gemeinde Deutscher Sprache am Valentinstag ins Wadi Shawka. Vielen Dank dafür!

Herr, dein Wort bleibt ewiglich, soweit der Himmel reicht. (Psalm 119)

Dieses Mal ging es nicht in die Christ Church nach Jebel Ali, wo normalerweise der evangelische Gottesdienst in Dubai stattfindet. „Zum Valentinstag wollen wir mal raus und uns fallen lassen“, sagte einer der Teilnehmer und Pfarrer Moritz Drucker griff diesen Gedanken in seiner Andacht inmitten des grünen Wadi Shawka in Ras Al Khaimah auf und prägte den „Fallen“-tinstag mit seiner Wadi-Wanderung als eine Zeit aus seinem Trott hinaus zu kommen. Die Natur, frische Luft und vor allem der Blick ins Weite stellt einen Erfahrungsraum zum direkten Erleben des Ausdrucks Gottes dar, der alle zum Staunen bringt.

Staunen weckt die gleichen Gefühle im Menschen wie eine Andacht: Es entsteht Liebe und damit eine veränderte Sichtweise auf sich, die Dinge und die Nächsten. Die glatte Schönheit verliert zugunsten der gebrochenen, geheimnisvollen Schönheit, deren Geheimnis die Ausgewogenheit ist. Wir staunten über die Blumen, die Kaulquappen, Wasserschlangen und handgroßen Spinnen, welche über die fast 100 ausgelassenen, größtenteils deutschsprachigen Wanderer wahrscheinlich genauso erstaunt waren.

Das staunende Innehalten als plötzlicher Ruck aus dem Alltagstrott, als nachhaltige Irritation in dessen Stille sich die braunen Ophiolite des Meeresgrundes senken und die Seele füllt. Und genauso ebnete sich die Andacht in die Wanderung hinein. Manche hatten schon Fußweh, andere bereits die ersten Kratzer und den zahlreichen Kindern und Jugendlichen sah man eine glücklich-matte Erschöpfung an als unser Pfarrer uns die Geschichte erzählte von dem heiligen Valentin, der die Soldaten heimlich traute und den biblischen Menschen, die im Rückzug in die Natur einen neuen Zugang zu Gott fanden: Erinnert wurde an Moses am brennenden Dornenbusch, Elia am Berg Horeb und Johannes den Täufer in der Wüste.

Später bemerkte ich wie einige auf dem Weg zum „Pool“, einem vier Meter tiefen Wasserloch, immer noch das letzte Lied sangen, das mit seinem schnellen Rhythmus zu den ungeduldigen Schritten passte, die versuchten den vorauseilenden Gedanken zu folgen. Im Buch der Richter, im 7. Kapitel, findet man eine Stelle dazu, als der Herr zu Gideon spricht: „Die Leute sind immer noch zu zahlreich. Führ sie hinab ans Wasser; dort will ich sie für dich mustern.“ Wild sprangen manche in Ungeduld, manche aus Verlegenheit, manche aus purer Freude, Groß und Klein vom Felsvorsprung oder Beckenrand in den Pool und der Grad ihrer Vitalität bemaß sich an ihrer Verbundenheit mit der Natur. Nah am Ursprung und der Quelle des Lebens. Für viele endete tatsächlich der Ausflug danach.

Das Geheimnis der Schönheit, von dem zur Mittagzeit schroffen und manchmal abweisenden Gebirge, entlockt aber erst die Abendstunde und so verließen wir den Flusslauf und steuerten ein Plateau an. Schnell wurden Klappstühle aufgestellt und Zelte poppten auf den Autodächern auf, die im entsprechenden Abstand parkten. Tosend verschwand die Sonne und leise und unbemerkt zogen erst der Abendstern am Firmament auf und dann ein Stern nach dem anderen bis sie unzählbar wurden. Man setzte sich eng ums Feuer. Der Geruch von verbrannten Stockbrot und Marshmallows, jemand entzündet eine Wasserpfeife, Funken bersten. In uns ist das Feuer genauso wie das Wasser, die Luft genauso wie die Erde.

Die Viriditas oder Gotteskraft, wie Hildegard von Bingen vor langer Zeit schrieb, wohnt allem inne und wird durch monotone Tätigkeiten geschwächt, aber in der Natur gestärkt. Warum bist du hier, fragte ich und Augen, die sich sonst hinter dunklen Sonnenbrillen versteckten schauten mich an und sprachen. „Meine Sehnsucht mich mehr mit allem Lebendigen zu verbinden“. Schläfernde Trunkenheit mischte sich mit Aufgehobenheit, Leichtigkeit und Gemeinschaft. Am nächsten Morgen weckte der Ruf einer Eselin und das hungrige Geschrei eines Säuglings die verbliebene Gemeinde, denn nach dem Grillen hatten sich weitere Familien verabschiedet, manche mit Wehmut, dass sie nicht vorbereitet waren auf eine Gebirgsübernachtung.

Nach einigen Tassen Kaffee und selbstgemachter Marmelade auf hausgebackenen Schweizer Zopf ging es weiter Richtung Dubai. Eigentlich schade, denn die Morgenstunde verlockte mit ihrer Frische und der Flusslauf mit seiner Vielfalt.

Kurzentschlossen wurden erneut die Wanderschuhe festgezurrt und erst als sich das spitze Gestein in die Sohle bohrte, die Schultern schmerzten, die Sonne stach und die Kinder quengelten ahnte jeder der Teilnehmer das Geheimnis der Schönheit, die gerade dadurch entsteht, dass sie im Unvollkommenen vollkommen ist.

Hier finden Sie dann noch die nächsten Termine für Ausflüge der Deutschsprachigen Evangelischen Gemeinde.

Wüstenpicknick am 28. Februar und 20. März

Ausflug zu den Mangroven in Abu Dhabi am 14. März

Osterfeuer am 11. April

Dhowtour in Dibba am 8. Mai

Weitere Infos zur Gemeinde oder zu konkreten Veranstaltungen finden Sie unter www.kirchevae.com . Sie können auch unter 050 996 9463 anrufen bzw. eine E-Mail schicken an evangelischegemeindevae@gmail.com.