Sebastian Luermann ist Attorney at Law/Legal Consultant bei Rödl & Partner im Office Dubai. Er unterstützt und berät Mandanten vor allem bei arbeitsrechtlichen Problemen innerhalb der GCC-Region mit Spezialisierung auf die VAE und KSA.

Heute beschäftigt sich Sebastian Luermann mit einem Update zum Whistelblowing in den VAE und speziell in Dubai.

 

Im Rahmen des heutigen Artikels soll auf bedeutsame jüngere Entwicklungen im Bereich des Whistleblowings in den VAE, insbesondere Dubai, eingegangen werden. Soweit es bisher an einer einheitlichen Rahmengesetzgebung in Bezug auf den Hinweisgeberschutz mangelte, sind mittlerweile Neuerungen zu verzeichnen, die zu einer genaueren Erörterung des sog. „Whistleblowing-Regimes“ veranlassen.

A – DFSA – Whistleblowing Regime

1. Ausgangslage

Die Finanzaufsichtsbehörde von Dubai (DFSA), die als unabhängige Finanzaufsichtsbehörde des Dubai International Financial Centre (DIFC) fungiert, veröffentlichte am 07. Juli 2021 das Konsultationspapier Nr. 141 („CP 141“), in dem die Einführung von Maßnahmen zur Vereinheitlichung der Meldung und Erfassung von Fehlverhalten vorgeschlagen wurde.

Auf Grundlage dessen führte die DFSA am 07. April 2022 eine Regelung zur Umsetzung des sog. „Whistleblowing-Regimes“ ein, welche die im CP 141 gemachten Vorschläge widerspiegelt. Die Regelung ist die erste ihrer Art, die von einer Finanzdienstleistungsaufsichtsbehörde in den VAE eingeführt wurde und gilt für alle von der DFSA beaufsichtigten Unternehmen, die im oder vom Dubai International Financial Centre (DIFC) aus tätig sind.

Inhalt der Regelung ist die Änderung des Regulierungsgesetzes von 2004 mit dem Ziel die Whistleblowing-Kultur in Unternehmen zu verbessern, indem alle von der DFSA beaufsichtigten Unternehmen der Verpflichtung unterliegen, wirksame Richtlinien und Verfahren zur Meldung und Bewertung von aufsichtsrechtlichen Bedenken einzuführen. So soll zur häufigeren Meldung von aufsichtsrechtlichen Bedenken ermutigt, Fehlverhalten vorgebeugt und die effektive Einhaltung jener Regelungen gesichert werden.

2. Anwendungsbereich

„Whistleblower“ im Sinne von Artikel 68A des Regulierungsgesetzes ist jeder, der eine qualifizierte Meldung an einen bestimmten Empfänger macht, obgleich diese anonym erfolgt. Eine Meldung gilt dann als qualifiziert im Sinne vorstehender Regelung, wenn sie sich auf den begründeten Verdacht bezieht, dass ein beaufsichtigtes Unternehmen oder ein (leitender) Angestellter gegen eine Bestimmung des Gesetzes oder anderer von der DFSA verwalteter Rechtsvorschriften verstoßen, Geldwäsche, Betrug oder ein sonstiges Finanzverbrechen begangen hat und die Offenlegung in gutem Glauben erfolgt ist. Letzteres setzt voraus, dass die Meldung ehrlich und nicht in unredlicher oder böswilliger Absicht vorgenommen wird. Beweisbelastet hinsichtlich des Vorliegens vorstehender Kriterien ist der Whistleblower selbst. Ob ein begründeter Verdacht vorliegt, hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles ab. Ein aufrichtiger und ehrlicher Verdacht, der sich auf objektive Tatsachen oder Beweise stützt, kann selbst dann als vernünftig angesehen werden, wenn er sich nach einer Untersuchung als unbegründet erweist.

Um den Schutz der Regelung zu erlangen, hat die Meldung intern innerhalb des von der DFSA beaufsichtigten Unternehmens oder extern an dessen Wirtschaftsprüfer, die DFSA oder eine Strafverfolgungsbehörde zu erfolgen.

3. Rechtsfolge

Die neue Gesetzeslage untersagt es grundsätzlich, denjenigen, der im Rahmen des dargestellten Anwendungsbereichs eine qualifizierte Meldung macht, einer zivilrechtlichen oder vertraglichen Haftung zu unterziehen oder in Anspruch zu nehmen. Eine strafrechtliche Verfolgung fällt jedoch nicht in den sachlichen Anwendungsbereich der Vorschriften.

Aus arbeitsrechtlicher Sicht ist eine Kündigung aufgrund einer solchen Offenbarung als ungerechtfertigt anzusehen.

Bei Verstoß obliegt es dem Whistleblower beim DIFC-Gericht eine Entschädigung für den erlittenen Schaden geltend zu machen.

4. Konsequenzen für Unternehmen

Jedes dem Anwendungsbereich des Regulierungsgesetzes unterfallende Unternehmen ist seit dem 07. April 2022 verpflichtet über schriftliche Richtlinien und Verfahrensregeln hinsichtlich Mitteilungen durch Whistleblower sowie deren Entgegennahme, Bewertung und Weiterleitung zu verfügen. Es sind zum einen Maßnahmen zum Schutz der Identität des Whistleblowers, der Vertraulichkeit seiner Mitwirkungshandlungen sowie zu seinem Schutz vor Nachteilen zu implementieren. Zum anderen bedarf es Maßnahmen zur Regelung von Interessenkonflikten sowie zur fairen Behandlung von Personen, die von einem Whistleblower beschuldigt werden, einen Verstoß begangen zu haben.

Die eingeführten Richtlinien und Verfahren haben nach Art, Umfang und Komplexität der Geschäftstätigkeit des Unternehmens angemessen zu sein. Zur Sicherstellung von Effektivität, Angemessenheit und Aktualität ist eine regelmäßige Überprüfung durchzuführen.

Ein von der DFSA beaufsichtigtes Unternehmen sollte im Rahmen der Umsetzung dieser neuen Anforderungen all seine leitenden Angestellten und Mitarbeiter über die ihnen zur Verfügung stehenden Schutzmaßnahmen informieren.

Verpflichtend ist zudem die schriftliche Aufzeichnung des von einem Hinweisgeber gemeldeten Sachverhaltes sowie des Ergebnisses der Bewertung mitunter als Grundlage einer effektiven Kontrollmöglichkeit durch die DFSA.

Unbeachtet der intern zu implementierenden Whistleblowing-Möglichkeiten von Unternehmen, hat die DFSA eine spezielle Whistleblowing-E-Mail-Adresse zur Meldung aufsichtsrechtlicher Anliegen eingerichtet. Zudem kündigte sie an, die Einhaltung der hier vorgestellten Regelung zu überwachen und bis Mitte 2023 die Umsetzung und Wirksamkeit der Maßnahmen zu evaluieren.

B – Raqeeb – Whistleblower Programm der FTA

Als weiterer Meilenstein in Richtung umfassender Regelungen zum Schutze von Hinweisgebern und der Herstellung eines Einklangs mit den internationalen Standards, hat die Steuerbehörde (Federal Tax Authority) das sog. Raqeeb Programm zum Schutze von Hinweisgebern hinsichtlich Steuerverstößen und -hinterziehungen verabschiedet, das am 15.04.2022 in Kraft getreten ist.

Ein etwaiger steuerlicher Verstoß kann dabei durch das Raqeeb Programm angezeigt werden, wobei die Daten des Hinweisgebers durch die Eingehung einer Verschwiegenheitsverpflichtung durch die Behörden als vertraulich behandelt werden. Zudem erhält der Hinweisgeber bei Anzeige eines Sachverhalts unter Umständen eine entsprechende Vergütung für die Offenbarung. Die genauen Anforderungen einer Anzeige und der daraus folgenden finanziellen Vergütung sowie die Vorgehensweise an sich, ist auf der Website der Steuerbehörde, über die auch die Anzeige aufzugeben ist, dargestellt.

Das Programm, das die Anzeige von Verstößen gegen Steuergesetze ermöglicht, bezieht sich daher denklogisch zum hiesigen Zeitpunkt lediglich auf die Mehrwertsteuer (VAT). Mit Einführung der Körperschaftssteuer im kommenden Jahr ist zu erwarten, dass das Programm weiter an Bedeutung gewinnen wird.

Wenn Sie Fragen zu diesem Themengebiet oder anderen rechtlichen Themen haben wenden Sie sich bitte an Sebastian Luermann.

Sie erreichen Sebastian Luermann unter Telefon +971 4 295 00-20 oder unter Mobile +971 50 487 9500 bzw. über Email an sebastian.luermann@roedl.com.

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