Die fortlaufende Corona-Pandemie hat bereits in zahlreichen Wirtschaftszweigen sowohl inländisch als auch weltweit zu weitreichenden Auswirkungen geführt. Während Anstrengungen unternommen werden, die Ausbreitung und die Auswirkungen von COVID-19 zu stoppen, sind die finanziellen Auswirkungen sowohl für Unternehmen als auch für Privatpersonen enorm. Zwar veranlasste die Regierung der VAE zahlreiche Konjunkturpakete, welche zweifellos einen gewissen Beitrag zur Linderung der Auswirkungen leisten, aber angesichts der globalen Auswirkungen des Virus können einige Unternehmen nicht vor einer schwierigen finanziellen Zukunft bewahrt werden.

Rechtsanwältin Luisa Rödemer von der Kanzlei Rödl & Partner Dubai beschäftigt sich heute mit diesem sowohl für viele Privat- aber auch Geschäftsleute existenzbedrohendem Thema.

Die verschiedenen Insolvenzgesetze lassen sich im Allgemeinen für natürliche Personen und Unternehmen unterscheiden. Im Nachfolgenden werden diese weiter erläutert.

Das Kabinett der VAE hat im Januar 2020 ein neues Gesetz zur Regelung von Insolvenzfällen natürlicher Personen verabschiedet. Das erlassene Gesetz (Federal Decree Law No. 19) war ein weiterer Schritt der Regierung auf die Bedürfnisse vieler Expats einzugehen. Fortan wird Schuldnern die Möglichkeit gegeben, die Rückzahlung von Krediten neu anzuordnen und sich zusätzlich vor strafrechtlichen Maßnahmen zu schützen.

Personen, die nun aufgrund der andauernden Corona-Pandemie in eine finanzielle Schieflage geraten sind, werden nach aktueller Gesetzeslage nunmehr durch einen oder mehrere vom Gericht zu benennende Experten unterstützt. Diese werden mit Schuldnern und Gläubigern einen dreijährigen Tilgungsplan ausarbeiten, um die finanziellen Verbindlichkeiten zu begleichen und alle im Plan festgelegten Verpflichtungen zu erfüllen.

Dem Schuldner ist es nicht möglich neue Kredite aufzunehmen, bis das Gericht auf Antrag des Sachverständigen, des Schuldners oder der Gläubiger entscheidet, dass die Umsetzung des Plans abgeschlossen ist. Das neue Gesetz gibt Schuldnern mehr Freiraum bei der Gestaltung der Rückzahlung und zusätzlich die Möglichkeit, weiterhin arbeiten zu gehen und für die Familie zu sorgen. Letztendlich gibt es den Personen in finanzieller Notlage die Möglichkeit, die Schulden unter fairen Bedingungen zurückzuzahlen, anstatt möglicherweise das Land aufgrund Insolvenz verlassen zu müssen. Dies ist im Hinblick der andauernden Corona-Pandemie insbesondere für Expatriats von Vorteil und sorgt für ein Stück mehr Sicherheit im Hinblick auf die kommenden Zeiten.

Aber auch kleinere Unternehmen werden von den Folgen der Corona-Krise hart getroffen, so dass auch diese vor etwaigen finanziellen Schwierigkeiten stehen.

Das Insolvenzgesetz für Unternehmen der VAE (Federal Law No. 9 of 2016 „Bankruptcy Law“) ist im Dezember 2016 in Kraft getreten. Das Gesetz zielt darauf ab, Unternehmen mit finanziellen Schwierigkeiten die Möglichkeit zu geben, mit deren Gläubigern in Kontakt zu treten und gleichzeitig die Rechenschaftspflicht der Geschäftsführer gescheiterter Unternehmen zu gewährleisten.

Nach dem Handelsgesetzbuch der VAE kann ein Gewerbetreibender für zahlungsunfähig erklärt werden, wenn dieser die Zahlung seiner Handelsschulden bei deren Fälligkeit aufgrund finanzieller Instabilität oder fehlender Kreditverfügbarkeit einstellt oder aussetzt. Vorbehaltlich bestimmter Ausnahmen gilt eine Einzelperson oder ein Unternehmen, das eine gewerbliche Tätigkeit ausübt, als „Gewerbetreibender“ im Sinne des Handelsgesetzbuches.

Jenes Insolvenzgesetz gilt für Körperschaften und Einzelpersonen, die gewinnorientiert handeln; ist aber nicht anwendbar auf Regierungsstellen oder Unternehmen, die in Freihandelszonen handeln, da diese ihre eigenen Insolvenzgesetze haben.

Durch das Insolvenzgesetz der VAE wurde ein Ausschuss für die finanzielle Umstrukturierung eingerichtet, der für die Überwachung der Umsetzung des Gesetzes zuständig ist. Der Ausschuss soll sicherstellen, dass der Ansatz für die Umstrukturierung nach dem neuen Gesetz kommerziell, modern und branchenorientiert ist. Damit wird insbesondere auf die Kritik am früheren Gesetz reagiert.

Zusammenfassend gibt es hinsichtlich des Insolvenzgesetzes drei Insolvenz- und Umstrukturierungsverfahren für Unternehmen, welche wie folgt lauten:

Protective composition

Sollte sich ein Unternehmen in einer finanziellen Notlage befinden, aber immer noch in der Lage sein, dessen Zahlungsverpflichtungen für mehr als 30 Werktage nachzukommen und somit weder als zahlungsunfähig noch als überschuldet gilt, kann jenes Unternehmen einen Antrag auf die sogenannte protective composition beim zuständigen Gericht stellen. Dadurch wird die Verpflichtung zur Einleitung des Insolvenzverfahrens vorerst aufgehoben.

Bankruptcy and restructuring

Entweder das Unternehmen, dessen Gläubiger oder die Staatsanwaltschaft können die Insolvenz der Geschäftstätigkeit beantragen. Das Unternehmen gilt als insolvent, wenn es für mehr als 30 Werktage zahlungsunfähig oder überschuldet ist.

Im Falle der Insolvenz muss das Unternehmen beim Gericht einen Antrag stellen. Gläubiger können beim Gericht die Insolvenz eines Unternehmens beantragen, wenn sie dem Unternehmen eine Zahlungsaufforderung für eine Schuld von mindestens 100.000 AED zugestellt haben, die Zahlung jedoch nicht innerhalb von 30 Werktagen nach der Aufforderung erfolgt ist. Eine Restrukturierung ist nur dann möglich, wenn das Unternehmen nach Ansicht des Gerichts gerettet werden kann.

Liquidation

Falls die oben genannten Möglichkeiten scheitern sollten, kann das Gericht den Schuldner für insolvent erklären und die Liquidation seines Vermögens anordnen.

In den VAE kann ein Geschäftsführer zusätzlich zu den allgemeinen Pflichten, die ein Direktor dem Unternehmen zugeordnet ist, sowohl zivil- als auch strafrechtlich haftbar gemacht werden, falls das Unternehmen für insolvent erklärt wird.

Des Weiteren hat grundsätzlich jede juristische Person eine eigene Rechtspersönlichkeit. Infolgedessen haften die Aktionäre von Gesellschaften mit beschränkter Haftung und Aktiengesellschaften hingegen nicht für die Schulden ihrer Gesellschaft, wenn diese zahlungsunfähig wird.

In der Vergangenheit standen die Rechte der Gläubiger bei der Eintreibung von Forderungen im Mittelpunkt des Insolvenzverfahrens, während schuldnerfreundliche Umstrukturierungsoptionen im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten aufgrund der strengen gesetzlichen Anforderungen keine tragfähige Option darstellten.

Sowohl Privatpersonen als auch Unternehmer sollten bei finanziellen Schwierigkeiten umgehend rechtliche Beratung in Anspruch nehmen, um über die Vorteile der jeweilig oben genannten Optionen informiert zu sein und demnach den bestmöglichen Weg aus der Krise einzuschlagen.

Sollten Sie zu diesem aktuellen Thema Fragen haben oder die Unterstützung der Kanzlei Rödl & Partner bei anderen rechtlichen Problemen benötigen, können Sie das deutschsprachige Team jederzeit telefonisch unter +971 4 295 0020 kontaktieren oder schreiben Sie ein Mail an luisa.roedemer@roedl.com.