Heute  lesen Sie hier Teil 16 der Kolumne von Sven the Baker über die Herstellung von gesundem Brot mit einem flammenden  Aufruf an alle – auf die eigene Gesundheit und die der Mitmenschen zu achten.

Lebensmittel zu produzieren, Brot herzustellen ist eine enorm große Verantwortung, weil es im Grunde genommen darum geht, Menschen bei der Gesunderhaltung ihrer Lebenszeit behilflich zu sein. Leider muss ich ehrlich gestehen und zugeben, dass ich immer wieder wirklich schockiert und betroffen bin, wie leichtfertig trotz besseren Wissens Unternehmen mit der Gesundheit ihrer Kunden umgehen. Zugegeben im gleichen Maße kann man auch wirklich erstaunt sein, wie naiv viele Menschen unsagbares Leid in sich rein schaufeln mit Begründungen, die jeglichem gesunden Menschenverstand widersprechen.

Aber bleiben wir erst mal bei den Herstellern und Unternehmen im Allgemeinen, in meinen Fall bleiben wir bei Backwaren.

Brot und Brotprodukte sowie Brötchen (Hotdog-Brötchen, Burger-Brötchen) müssen, da sie als Nahrungsmittel bezeichnet werden, zur menschlichen Gesundheit beitragen und/oder ihren Erhalt sogar fördern. Tun sie das?

Ich hatte diese Woche einige Gespräche mit Vertretern von Backmittelherstellern verschiedener Art und auch mit Betreibern verschiedener gastronomischer Einrichtungen – eigentlich wie fast jede Woche. Und ich bin wirklich schockiert, wie bewusst und auch vorsätzlich Unternehmen ihren Kunden wahrscheinlich gesundheitlichen Schaden zufügen. Zum Beispiel beschäftigen sich viele Firmen mit der Herkunft des Schinkens und seiner Machart viel mehr als mit dem Sandwichbrot, auf das dieser Schinken gelegt wird.

Der Schinken: ein handgesalzener, vom grasgefütterten Rind mit täglichen Liebkosungen und Streicheleinheiten, über 2000 Jahre alten Tannengeäst geräuchert ohne jegliche Zusätze, mit einer persönlichen Widmung des Bauern und Metzgers – ein Produkt vollendeter Harmonie, gereift im Geschmack und in Maßen bestimmt nicht gesundheitsschädigend.

Er liegt zwischen 2 Scheiben feinstem industriell hergestellten Toastbrot, unfermentiert, mit all den natürlichen, für die menschliche Verdauung problematischen Begleitstoffen, angereichert mit so manchem hochkonzentrierten Pestizid, vom Bäcker veredelt mit einer unendlichen Liste an E-Nummern, Backmittelmischungen, etc.,  die jede Darmflora ins Jenseits schießen, einem inaktiven Sauerteig aus Plastikkanistern mit viel genetisch manipuliertem Soja, um das Produkt weich zu machen, veredelt mit einer großen Portion Zucker, so dass unser im Hirn befindliches Belohnungssystem etwas davon hat und so dass jeder, auch der kaufaulste Feinschmecker, etwas zum Genießen hat.

 

Nicht anders sieht es aus mit feinsten Fleischkombinationen, die zu wunderbaren Patties (Fleischbällchen) geformt werden für die verschiedensten Zwecke. Oder dem fantastischen französischen Käse, lange gereift, voll fermentiert, der dann optisch fein drapiert, perfekt in Szene gesetzt, sich sein perfektes Dasein mit einem doch gesundheitlich gescheitertem Baguette teilen muss.

Warum kombiniert man so fantastisch und wirklich gesunde Kreationen mit, wie kann man das vorsichtig ausdrücken, so gesundheitlich bedenklichen und definitiv nicht gesundheitlich förderlichem Brot oder Brötchen. Warum hört bei den meisten Menschen das Qualitätsdenken und Gesundheitsbewusstsein bei Brot und Brötchen auf?

Ich möchte hier kurz etwas einschieben!

Wenn ich Kuchen esse, gehe ich nicht davon aus, dass dieser hochgradig gesund ist und dass obwohl ich auch Kuchen herstelle, der sehr gesund und auch als Superfood bezeichnet werden kann. Bei Brot und Brötchen sehe ich das aber absolut anders, da diese als Grundnahrungsmittel einen festen und großen Stellenwert haben in der allgemeinen täglichen Ernährung.

Auch weise ich darauf hin, dass Käse aus anderen Ländern ebenfalls sehr lecker sein kann.

Und übrigens – Vegetarier und Veganer sind von diesem Fehldenken und von dieser doch fragwürdigen Kombination nicht ausgeschlossen. Einer meiner Kunden hatte bis vor kurzem

sein selbstgemachtes veganes Gemüsepattie, was wirklich absolut gesund und schmackhaft ist, mit selbstgemachten frischen gesunden Saucen verfeinert zwischen 2 vegane Brötchenhälften gezwängt, die dermaßen voll mit Chemikalien und Enzymen waren, dass diese vegane Spezialität mit dem absolut tollen Pattie definitiv jeglichen Gesundheitsaspekt verloren hatte.

Also nochmal: Warum hört das Gesundheitsbewusstseinsdenken meistens sowohl beim Unternehmer als auch beim Konsumenten bei Brot und Brötchen auf? Hat das zu mit allgemeiner Naivität oder dem tief in uns sitzendem Glauben, dass Brot und Brötchen wie damals noch absolut gesund sind zu tun? Oder hat das mit Ignoranz und Gleichgültigkeit zu tun?

Nun – ich kann nur aus meiner Erfahrung und vielen Gesprächen Folgendes ableiten:

Zum einen werden Betriebe durch ihre Zulieferer aber ganz besonders Verbraucher durch ihre Hersteller mutwillig legal getäuscht. Wenn Firmen schreiben, dass ihre Produkte, in diesem Fall Backwaren, nur mit natürlichen Zutaten und Sauerteig hergestellt werden. Klar muss man das glauben, alles gut!

Natürliche Zutaten – Sauerteig – eine volle Fermentierung des Teiges, eine Verringerung der natürlichen Giftstoffe, und was man in Deutschland gerade gebraucht, eine bessere Bekömmlichkeit! Da wäre nebenbei die Frage zu stellen: Bekömmlicher als was? Aber ist es denn so, wenn zu den natürlichen Zutaten Chemikalien, technische Enzyme, inaktiver Industriesauerteig aus dem Plastikkanister usw. hinzugefügt werden? Wenn das Produkt anstelle von 12, 24 oder 48 Stunden, was immer anstelle der Fermentation nur gerade mal 3 bis 4 Stunden der gesamten Produktionszeit hatte? Trifft dann das Argument noch zu, was oft missbraucht wird: „Der Kunde will das ja so!“? Ich denke nur solange, solange der Kunde nicht über die Fakten und Folgen Bescheid weiß.

Liebe Leute, Unternehmen, aber auch Verbraucher! Tut Euch selbst einen Gefallen! Informiert Euch besser!

Es geht um Eure Gesundheit und um die Gesundheit eurer Kunden! Übernehmt die Verantwortung dafür! Und denkt wirklich darüber nach, ob dieser Nonsens oder anders gesagt „Food pairing“ sein muss. Kombinationen oder wie man sagt „Food pairing“ machen Sinn, um neue Geschmackserlebnisse, neue Texturen und vieles mehr zu kreieren. Aber sie machen auch ganz ganz großen Sinn, um gesundheitsförderliche Produkte wie z.B. Brote zu entwickeln, die so kombiniert sind, dass sie nicht nur schmecken oder eine tolle Textur und ein phantastisches Aroma haben, sondern dass sie hauptsächlich auch gewisse Gesundheitsaspekte erfüllen.

Ein provokantes Beispiel: Worin besteht der Unterschied, einen Menschen langsam zu vergiften, was sich in einer verkürzten Lebenszeit und in einer reduzierten Lebensqualität äußert, oder ihn schnell mit einem Gift zu töten?

 

Ich appelliere in meinem Fall nun besonders an die Bäcker und ich bin motiviert von den doch einigen Bäckern, die ich immer wieder treffen darf, die verantwortungsvoll denken und fühlen und daraus resultierend  auch handeln.

Die nicht nur die Gewinnmaximierung im Kopf haben und mit entschuldigenden Sprüchen wie „Das war doch immer so“ „Wir haben das doch auch gegessen“ oder „Der Kunde will das so“ sich aus der Verantwortung ziehen. Meistens kommt die Bequemlichkeit noch hinzu, dass man sich nicht mit den ernährungsphysiologischen Zusammenhängen und den Zusammensetzungen ihrer Rohstoffe sowie deren Vor-und Nachteilen auseinander setzen will. Viele wollen sich mit Absicht nicht vor Augen führen, welche Auswirkungen ihre Produkte auf den Organismus und die Lebensqualität der Kunden haben. Adipositas, Frühdiabetes, Kinderdiabetes, Diabetes 2…sämtliche Autoimmunkrankheiten usw. sind zum großen Teil die Auswirkungen dieser kommerziell gewinnmaximierenden (zum großen Teil sogar ungesunden) Produkte.

Warum das alles? Die Antwort kann sich definitiv jeder selbst beantworten.

Die Forschung und Wissenschaft haben in den letzten 30 Jahren so viel Wissen über Ernährung hervorgebracht, dass die Nahrungsproduktion definitiv anders aussehen und damit der Gesundheitszustand der Menschen um ein Vielfaches besser sein könnte.

Zugegeben: Man muss aufpassen, wer eine Studie in Auftrag gibt und wer diese finanziert. Bei weit über 200 nahrungsmittelbezogenen Studien täglich auf der Welt, ist es schwierig,  einen Überblick zu behalten. Und genau da liegt die Verantwortung der produzierenden Nahrungsmittelindustrie und in unserem Fall der Bäcker.

Es ist unsere Aufgabe, unsere Verpflichtung verantwortungsvolle gesunde Produkte, Brot und Brötchen zu produzieren.

Es ist unsere Verantwortung, uns weiter zu bilden. Literatur und Schulungseinrichtungen gibt’s zur Genüge.

Auch Backakademien in Deutschland oder Backschulen in Frankreich, Italien oder Spanien sowie in anderen Ländern greifen das Thema Gesundheit auf. Ja, noch sehr zögerlich und zum Teil oberflächlich, aber sie greifen es auf.

Schade ist nur, dass auch wieder das Thema Gesundheit, Verdauung usw. zu einem Verkaufsargument wird und auch wieder nur der Gewinnmaximierung zu dienen scheint und der tatsächliche, wirkliche Gedanke an ihre Gesundheit, ihr Wohlbefinden und ihre Lebensqualität keine wirkliche Bedeutung mehr hat.

Deshalb liebe Freunde (Kunden) und ihr Kollegen und Quereinsteiger, Home Baker und jeder, der für sich oder andere gesundes Brot backt: Macht weiter so! Bleibt dabei und entwickelt Euch – für Eure und die Gesundheit anderer! Wir brauchen Menschen, kleine, mittlere, und große Unternehmen (Bäckereien), die sich nicht an der Food-Parallelwelt beteiligen wollen, die keine wirkliche realistische Nahrung produzieren und die sich nicht an der allgemeinen Volksverdummung, die gerade 2020 weltweit einen Höhepunkt erreicht, beteiligen.

Nehmt die Verantwortung an, wenn ihr Brot backt, dieses nicht nur geschmackvoll, schön und profitabel zu tun, sondern es vor allem so zu tun, dass es gesundheitsförderlich ist.

Bleibt gesund, forscht nach, hinterfragt alles.

Euer Sven