Heute können Sie hier Teil 28 der Kolumne von Sven the Baker lesen – es geht diesmal wieder um Lebenseinstellung und Lebensweise und  – um gesundes Backen.

Es ist schon erstaunlich und erschreckend, dass die Lebensweise und die Lebenseinstellung die beiden größten Faktoren sind, um ein gesundes, glückliches und langes Leben zu führen.

Ich bin mir sicher, dass fast jeder zivilisierte und einigermaßen gebildete Mensch das weiß. Und trotzdem hab ich den Eindruck, am Flughafen, im Flugzeug und egal wo ich lande, dass das wichtigste Ziel der meisten (nicht aller) Menschen ihre eigene Zerstörung in geistiger und körperlicher Hinsicht ist.

 

In einem Augenblick spricht man mit einem Sitznachbarn über gesunde und ungesunde Ernährung und ist beeindruckt über das allgemein vorherrschende Wissen. Und im nächsten Augenblick schaufelt die gleiche Person Unmengen von ungesunder Nahrung in sich hinein und sagt, nachdem sie fertig ist, wie schlecht und ungesund dieses Essen war. So etwas ist mir unverständlich!

Selbst in der Tierwelt kann man beobachten, dass Tiere Futter und Pflanzen, die ihnen nicht gut tun oder womit sie bereits schlechte Erfahrungen gemacht haben, dann meiden. Mir ist nicht bekannt, dass es Tierarten gibt, die bewusst Nahrung fressen, die sie nachweislich krank machen – Tiere in Zoos jetzt mal ausgenommen, die haben ja keine andere Wahl.

Ich bin leidenschaftlicher Bäcker. Mein Hauptbestreben liegt darin, Getreideprodukte (meistens Brot) so gesund wie möglich für den Menschen zu machen. Dadurch darf ich mich sehr intensiv mit Bestandteilen im Getreide auseinandersetzen und mich mit den Auswirkungen auf den Verdauungstrakt und den Organismus beschäftigen. Dabei stoße ich immer wieder auf tolle wissenschaftliche Arbeiten und Berichte, die aufführen, wie solche negativen Bestandteile im Darm und Körper wirken.

Da sind zum einen die Lektine, die chemisch gesehen, Eiweißmoleküle sind – genauer gesagt Glykoproteine. Zu finden sind sie in allen lebenden Organismen, besonders in Pflanzen. Diese Lektine dienen in erste Linie der Kommunikation und Interaktion von Zellen und Organismen. Es sind so genannte Anti-Nährstoffe. Sie sind vor allem für die Abwehrfunktionen besonders in Pflanzen verantwortlich, um diese vor Fressfeinden wie Tiere oder Menschen zu schützen. Sie sollen dem Fressfeind den Appetit verderben, Unwohlsein hervorrufen und bei kleinen Fressfeinden sogar zum Tod führen.  Eines der bekanntesten Lektine ist das Gluten.

Es hat eine Vielzahl von schädigenden Auswirkungen auf unseren Körper. Auch ist es sehr bindungsfähig und dockt somit leicht an unserer Darmschleimhaut an. Dadurch können Viren sich einfacher an sie binden und das Immunsystem angreifen. Sie beeinflussen sehr stark die Darmflora und begünstigen Entzündungen. Durch diese zuvor aufgeführten Probleme beeinflussen sie sehr stark die Nährstoffaufnahme. Für Immunkrankheiten jeglicher Arten werden sie deshalb verantwortlich gemacht. Am häufigsten und stärksten kommen sie mitunter in den gesündesten Nahrungsmitteln vor wie in Hülsenfrüchten, in Gemüse und Getreide.

In Hülsenfrüchten kann man durch eine längere Wässerungsphase über Nacht und einen intensiven Koch- und Garprozess die Lektine sehr stark minimieren und unschädlich machen. Dazu eignet sich ein Hochdruckkocher.

Bei Gemüse reduziert man die Lektine, indem man die Kerne und Schalen entfernt. Auch Garen ist bei manchen Gemüsearten von Vorteil.

Leider ist es nicht so einfach bei Getreide.

Um Getreide, sprich Brot- und Brötchenprodukte, aber auch Kuchen und Feingebäck für den menschlichen Körper verdaubar zu machen, reicht die Hitze des Backens leider nicht aus. Doch auch dort gibt es die Möglichkeit, Lektine wirksam zu reduzieren – nämlich durch die Fermentation – die Fermentation auf Sauerteigbasis mit ihren vielen verschieden Mikroorganismen. Diese Art der Fermentation kennt man von Sauerkraut oder anderem eingelegten Gemüse (Kimchi).

Was braucht ein Bäcker für die Fermentation?

Als erstes sehr viel Zeit. Und wie bekannt ist, kostet auch Zeit viel Geld.  Ich fermentiere Brotteige im Durchschnitt 2-4 Tage, das bedeutet , dass die gesamte Mehlmenge eines Teiges fermentiert sein muss und nicht wie viele Bäcker es handhaben – dass man nur eine gewisse Menge an Sauerteig in den Prozess mit eingibt und das Brot nach 3,4,5 oder 6 Stunden schon fertig ist. Diese so genannten „Fake Sauerteig Brote“ kosten dann viel mehr und der Kunde glaubt, er tut sich was Gutes und merkt nicht, wie er seinen Körper, seiner Lebensqualität- und  Lebenszeit Schaden zufügt.

 

Noch perverser wird es, wenn inaktive Sauerteige (tote Sauerteige) dem Teig zugesetzt werden, um Geruch und Geschmack von echtem Sauerteigbrot zu imitieren. Das lässt sich noch beliebig negativ erweitern. Oftmals werden diesen so genannten Sauerteigbroten Backmittel zugesetzt…und was da alles Negatives drin ist…ich geh da jetzt nicht drauf ein.

Die Krönung sind dann die gefrorenen Brot– und Brötchenprodukte, die über 1000de km transportiert werden, voll mit chemischen Stoffen, um die Haltbarkeit und die Frische nach dem Gefrierprozess zu gewährleisten. Aber sie werden als Sauerteigbrot/Produkt verkauft, weil ein kleiner Anteil fertiger Industriesauerteig eingearbeitet wurde.

Mir erzählten Kunden/Freunde, dass man von diesen Bäckereien auf Nachfrage noch nicht mal eine Liste der Inhaltsstoffe bekommt. Es ist erstaunlich, was Geldgier und Gewinnmaximierung aus Unternehmern so macht! Sogar die Gesundheit der Kunden wird dafür aufs Spiel gesetzt.

Als zweites braucht der Bäcker sehr viel Lagerkapazität, um die Teige 2, 3 oder 4 Tage zu lagern. Dabei muss einem bewusst sein, dass in einem Lager die Teigmengen von 3-4 Tagen auf einmal gelagert werden müssen. Diese Lagerflächen kosten viel Geld.

Ich mache seit längerer Zeit Experimente mit verschiedensten Fermentationstechniken bei Raumtemperatur. Das ist ein sehr interessantes und spannendes Thema.

Drittens schadet es nie, wenn man Liebe und Leidenschaft einbringt, für das was man tut.

Und viertens sehr wichtig ist auch ein gutes Verständnis und gutes Wissen über das, was man tut.

Nun dürfen wir nicht vergessen, warum wir essen.

Wir essen zum einen, um unseren Körper und Geist so gesund wie möglich zu erhalten. Zum anderen essen wir, um unseren Körper und Geist so lange wie möglich zu erhalten und um an dem, was man isst, sich zu erfreuen- und auch der soziale und kommunikative Aspekt ist nicht zu vernachlässigen.

Wenn ich zurückschaue auf die Menschen, die ich beobachte, dann essen sie nicht um ihren Körper und Geist gesund noch lange zu erhalten. Keiner kann mir erzählen, wenn die Personen wissen, dass sie Ungesundes essen dass sie sich daran erfreuen. Allerdings ist der soziale und kommunikative Aspekt gegeben, weil man sich über das austauschen kann, was nicht gut für einen ist.

Was für ein Irrsinn!

Der Mensch ist unfähig, seinen freien Willen richtig zu gebrauchen, von klein auf schon im Mutterleib zum Konsumenten erzogen, außer Acht lassend, was für ihn gut ist.

Zugegeben – auch ich muss zwangsläufig in Tastings Dinge zu mir nehmen, von denen ich weiß, dass sie für mich nicht gesundheitsfördernd sind. Aber das bringt die Verantwortung, die ich habe, so mit sich.

Ich esse auch mal ein tolles Stück Kuchen oder einen Keks oder ein Gebäck, von dem ich weiß, dass es meiner Gesundheit nicht guttut. Aber die Anzahl dieser Male und die Mengen halten sich sehr in Grenzen. Und ich weiß, wie ich diese Ausnahmen gekonnt mit einer gesunden Ernährung und viel körperlicher Aktivität kompensieren kann.

Es kommt immer auf die Mengen an. „Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift. Allein die Dosis macht, dass ein Ding kein Gift ist“ (Paracelsius / Theophrastus Bombast 1493-1541).

Mein größtes Bestreben ist es, unsere Brote und Brötchen so gesund wie möglich für unsere Freunde zu backen und auch bei Kuchen verfolgen wir dieses Ziel mehr und mehr. Zum Beispiel sind unsere Krapfen/Berliner/Donuts aus Sauerteig hergestellt und nicht mit Chemikalien, technischen Enzymen oder aus einer Backmischung hergestellt.

Unser Käsekuchen ist mehlfrei mit einem Minimum an Zucker. Mein Wunsch ist, dass niemand, der meine Produkte isst, es für  sich selbst bereut, es gegessen zu haben, weil er sich unwohl, gebläht oder krank fühlt.

Unsere Produkte sehen nicht immer so aus wie die Produkte unserer Kollegen – riesig, aufgeblasen und so leicht wie eine Wolke in der Hand, braun glänzend und rösch nach 10 Stunden im Tresen, aber dafür sind in unseren Produkten keine Backmittel, Chemikalien oder technische Enzyme.

Und wir müssen keine Schilder aufstellen, die mit kreativen Worten beschreiben, was alles nicht in den Produkten ist, weil die Zusätze unter der Rubrik „Green Label“ laufen, was einer anderen Volksverdummung entspricht.

 

Unsere Produkte sind garantiert frei von allen Arten der Zusätze, egal mit welchen windigen und findigen Formulierungen diese beschrieben werden… weil mir liegt die Gesundheit meiner Freunde am Herzen.

In diesem Sinne hinterfragt immer, was ihr esst! Wenn ihr Fragen, sendet sie bitte an mich.

Euer Sven